Erbrecht, Familienrecht

Gesetzliche Erbfolge von Ehegatten

- Armin Abele

gesetzliches Ehegattenerbrecht

Wenn ein Erblasser die Erbfolge nicht regelt, also z. B. kein Testament errichtet, bedeutet dies nicht, dass es keine Erben gibt. In diesem Fall bestimmt das Gesetz, wer Erbe wird. Dies wird gesetzliche Erbfolge genannt.

Will ein Erblasser nicht von der gesetzlichen Erbfolge abweichen und ansonsten auch keine Anordnungen wie Vermächtnisse, Auflagen, Teilungsanordnungen u. ä. treffen, macht die Errichtung eines Testaments keinen Sinn. Nur wenn er die gesetzliche Erbfolge kennt, kann er also prüfen, ob die Errichtung eines Testaments notwendig ist.

Die gesetzliche Erbfolge ist außerdem bei der Bestimmung von Pflichtteilsansprüchen von großer Bedeutung, da der Pflichtteilsanspruch wertmäßig die Hälfte des gesetzlichen Erbteils des enterbten Pflichtteilsberechtigten beträgt. Ohne die Kenntnis der gesetzlichen Erbfolge lässt sich die Höhe des Pflichtteilsanspruches nicht berechnen.

Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten

Die Grundregelung für das gesetzliche Erbrecht von Ehegatten befindet sich in § 1931 BGB, die durch § 1371 BGB ergänzt wird.

§ 1931 BGB lautet wie folgt:

„Der überlebende Ehegatte des Erblassers ist neben Verwandten der 1. Ordnung zu einem Vierteile, neben Verwandten der 2. Ordnung oder neben Großeltern zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen. Treffen mit Großelten Abkömmlinge von Großeltern zusammen, so erhält der Ehegatten auch von der anderen Hälfte den Anteil, der nach § 1926 BGB den Abkömmlingen zufallen würde.

Sind weder Verwandte der 1. oder der 2. Ordnung (vgl. hierzu Artikel zum Erbrecht der Blutsverwandten)noch Großeltern vorhanden, so erhält der überlebende Ehegatten die ganze Erbschaft.

Die Vorschriften des § 1371 BGB bleiben unberührt.

Bestand beim Erbfall Gütertrennung und sind als gesetzliche Erben neben dem überlebenden Ehegatten ein oder zwei Kinder des Erblassers berufen, so erben der überlebende Ehegatte und jedes Kind zu gleichen Teilen; § 1924 Abs. 3 BGB gilt auch in diesem Falle.“

In § 1371 Abs. 1 BGB steht:

„ Wird der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten beendet, so wird der Ausgleich des Zugewinns dadurch verwirklicht, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft erhöht; hierbei ist es unerheblich, ob die Ehegatten im einzelnen Fall einen Zugewinn erzielt haben.“

Wie sich aus den Gesetzestexten ergibt, spielen also für die Höhe des Ehegattenerbteils folgenden Fragen eine Rolle:

Sind gesetzliche Erben 1. oder 2. Ordnung vorhanden?

In welchem Güterstand lebte der Erblasser?


Eine Besonderheit beim gesetzlichen Erbrecht des Ehegatten ergibt sich noch daraus, dass dem Ehegatten der sogenannte Voraus zusteht. Unter dem Voraus sind die zum Haushalt gehörenden Gegenstände und Hochzeitsgeschenke zu verstehen (§ 1932 BGB). Neben den Verwandten der 1. Ordnung erhält der Ehegatten den Voraus jedoch nur insoweit, als er zur Führung eines angemessenen Haushalts notwendig ist. Neben Verwandten der 2. Ordnung oder Großeltern sowie den weiteren Verwandten erhält er den Voraus uneingeschränkt.

Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten entfällt, wenn die Ehe rechtskräftig geschieden oder aufgehoben wurde. Darüber hinaus ist das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatten sowie das Recht auf den Voraus ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte. Verstirbt beispielsweise der Ehegatte zwischen der Einreichung des Scheidungsantrags beim Familiengericht und der Zustellung durch das Gericht, geht dem überlebenden Ehegatten sein Erbrecht nicht verloren, da die Scheidung noch nicht rechtshängig war. Hatte der überlebende Ehegatte die Scheidung allein beantragt, fehlte jedoch die Zustimmung des verstorbenen Ehegatten, bleibt sein gesetzliches Erbrecht erhalten.

Stand: Januar 2007

Armin Abele

Armin Abele

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht