Leasingrecht, Verkehrsrecht, Versicherungsrecht

Bundesgerichtshof: Die Neuwertentschädigung steht dem Leasingnehmer zu

- Philip Betschinger

Im Rahmen der vorzeitigen Beendigung eines PKW-Leasingvertrages (vorliegend aufgrund des Diebstahls des Fahrzeugs) steht die den Wiederbeschaffungs- und den Ablösewert übersteigende Neuwertspitze einer Versicherungsleistung aus einer vom Leasingnehmer auf Basis des Neuwerts abgeschlossenen Vollkaskoversicherung nicht dem Leasinggeber, sondern dem Leasingnehmer zu. Diese Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 09.09.2020 – VIII ZR 389/18 getroffen.

Die Leasingnehmerin hatte vertragsgemäß eine Vollkaskoversicherung für den gestohlenen PKW abgeschlossen. Die Vollkaskoversicherung deckte den sog. Neuwert des Fahrzeugs ab. Das entsprach in dem vorliegenden Fall ca. 70.000 Euro. Nach dem Diebstahl erstattete die Versicherung der Bank als Leasinggeberin den Ablösewert, also den Betrag, der zur vollen Amortisation des Finanzierungsaufwands einschließlich des kalkulierten Gewinns notwendig ist. Dieser Ablösewert betrug ca. 50.000 Euro. Die Leasingnehmerin forderte die übrigen ca. 20.000 Euro aus der Versicherungsleistung für sich selber ein. Der BGH entschied nun, dass die volle Summe in Höhe von 20.000,00 € an die Leasingnehmerin auszubezahlen sei. Nach Auffassung des BGH schließe ein Leasingnehmer eine Neuwert-Versicherung ab, um sich bei Verlust einen gleichwertigen Neuwagen anschaffen zu können und nicht auf einen Gebrauchten ausweichen zu müssen. Die Bank dagegen nutze die Autos nicht selbst, sondern finanziere sie nur. Sie würde das Geld von der Versicherung als reinen "Übererlös" vereinnahmen. Das widerspricht laut BGH dem Gerechtigkeitsgedanken.

Dr. Philip Betschinger (LL.M.)

Dr. Philip Betschinger (LL.M.)

Rechtsanwalt
gepr. Versicherungsfachmann (IHK)
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