Verkehrsrecht

Bundesgerichtshof: Keine Verletzung der Schadensminderungspflicht bei unterlassener Inanspruchnahme des Kaskoversicherers

- Philip Betschinger

Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls ist grundsätzlich nicht verpflichtet eine Regulierung des Schadens über die eigene Vollkaskoversicherung vorzunehmen um die Zeit des Nutzungsausfalls und damit die Höhe der diesbezüglichen Ersatzverpflichtung des Schädigers und dessen Haftpflichtversicherung möglichst gering zu halten. Diese Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 17.11.2020 – VI ZR 569/19 getroffen.

Der Bundesgerichtshof argumentiert mit dem Sinn und Zweck der Kaskoversicherung. Diese diene nicht der Entlastung des Schädigers, sondern der Versicherungsnehmer erkaufe sich den Versicherungsschutz vielmehr für die Fälle, in denen ihm ein nicht durch andere zu ersetzender Schaden verbleibt. Dieser Schutz sei durch eigenen Prämienzahlungen erkauft und diese könne nicht dem Schädiger zu Gute kommen. Weiter sei die Inanspruchnahme der eigenen Kaskoversicherung für den Geschädigten regelmäßig auch wegen der damit verbundene Rückstufung auch nicht zuzumuten. Zwar wäre dieser Schaden auch nach allgemeinen Grundsätzen gegenüber dem Schädiger ersatzfähig, doch könne sich diese Durchsetzung in verfahrensrechtlicher Hinsicht als schwierig gestalten. Denn der Geschädigte wäre gehalten, den für die Zukunft noch in Fortentwicklung befindlichen Rückstufungsschaden zunächst im Wege der Feststellungsklage geltend zu machen, um ihn dann in den Folgejahren zu beziffern und ggf. weiter gerichtlich geltend zu machen. Die endgültige Abrechnung des Unfallschadens würde so zum Nachteil des Geschädigten hinausgezögert werden.

Dr. Philip Betschinger (LL.M.)

Dr. Philip Betschinger (LL.M.)

Rechtsanwalt
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