„Ich verstehe nicht, warum Leute Architekten beauftragen und diesen dann sagen, was sie zu tun haben.“ So beklagte der nordamerikanische Stararchitekt Frank Owen Gehry einst mangelndes Vertrauen seiner Auftraggeber. Diese sollten doch lieber in Fähigkeiten und Wissen ihres Architekten vertrauen.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: § 650p BGB geht davon aus, dass Bauherren ihren Architekten Leistungspflichten auferlegen. Oft wird in Architektenverträgen dazu auf Leistungsbilder der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) als Leistungssoll verwiesen. Das Gesetz definiert zudem typische Pflichten, falls wesentliche Planungs- und Überwachungsziele bereits feststehen (Abs. 1) oder eine Planungsgrundlage erst geschaffen werden muss (Abs. 2). Bei der Mängelhaftung kann dann zwischen „planenden“, „überwachenden“ und „umfassend beauftragten Architekten“ zu differenzieren sein.
Diese Rechtsfragen beschäftigten auch das OLG Stuttgart (12 U 461/19) und nachfolgend den BGH (VII ZR 163/20). Im dortigen Fall bestand ein zu geringes Gefälle an Balkon-Bodenblechen, was zu Rost an der Unterkonstruktion geführt hatte. Der Bauherr verlangte deshalb Schadenersatz von seinem Architekten, der u.a. Leistungen der Ausführungsplanung (HOAI LPh 5) und der Objektüberwachung (HOAI LPh 8) schuldete.
Der Architekt hatte für die Ausführung eine fehlerfreie Detailplanung erstellt, das Gefälle der Bodenbleche aber unmittelbar nach der Errichtung nicht geprüft. Bei einem so überwachungsintensiven Bauabschnitt wäre dies jedoch seine Pflicht gewesen. Dann wäre die Abweichung aufgefallen und der Schaden vermieden worden. Zwar muss ein bauüberwachender Architekt nicht ständig auf der Baustelle sein. Bei wichtigen oder kritischen Baumaßnahmen mit höherem Mangelrisiko sind jedoch erhöhte Aufmerksamkeit und intensivere Bauaufsicht erforderlich.
Zudem streitet bei schwerwiegenden Ausführungsmängeln ein Anscheinsbeweis für eine Verletzung der Bauüberwachungspflicht. Diese Beweiserleichterung nützt dem Bauherrn freilich nur, wenn der Architekt die Bauüberwachung überhaupt schuldete. Es kann sich deshalb im Ergebnis durchaus empfehlen, dem Architekten (vertraglich) zu sagen, was er zu tun hat.