Miet- und Pachtrecht

Rechte der Mieter und Vermieter nach Verabschiedung des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen COVID-19 Pandemie (Corona)

- Lennart Kroll - Robin Henselmann - Jochen Kroll - Marcus Nerlich - Dr. Sebastian Seyfarth - Carina Thoma - Christoph Zier

Der Bundestag hat zur Abmilderung der Folgen der aktuellen Corona-Krise das Gesetz zum Schutze der Mieter von Wohn- und Gewerbeimmobilien vor fristlosen Kündigungen verabschiedet. Für Mieter und Vermieter ergeben sich durch das Gesetz verschiedene Fragen, die nachfolgend einzeln behandelt werden.

1. Gilt das Gesetz für alle Mietverträge?

Das Gesetz gilt für alle Wohn- und Gewerbemietverträge und kommt ebenfalls bei Pachtverträgen zur Anwendung. Auf Mietverträgen über Sachen oder auf Leasingverträge findet das Gesetz keine Anwendung.

2. Welche Kündigung wird durch das Gesetz ausgeschlossen?

Durch das Gesetz wird nur die fristlose Kündigung des Vermieters wegen Zahlungsverzugs ausgeschlossen, wenn der Mieter die Miete ganz oder teilweise im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 nicht bezahlt, sofern die Nichtzahlung der Miete auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht.

Wegen aller anderen nach dem Gesetz oder dem jeweiligen Mietvertrag zulässigen Gründen darf der Mietvertrag weiter vom Vermieter gekündigt werden. So ist der Vermieter weiter beispielsweise zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrags wegen Eigenbedarfs berechtigt.

Auch darf der Vermieter den Mietvertrag weiter fristlos kündigen, wenn der Zahlungsverzug, der den Vermieter zur fristlosen Kündigung berechtigt, in einem Zeitraum vor dem 1. April 2020 entstanden ist oder die Nichtleistung der Miete nicht auf den Auswirkungen der Corona-Krise beruht.

3. Muss der Mieter beweisen, dass er aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie die Miete nicht bezahlen kann?

Der Mieter muss gegenüber dem Vermieter beweisen, dass er die Miete aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie nicht bezahlen kann. Der Gesetzgeber hat dem Mieter jedoch den Beweis erleichtert, in dem der Mieter „nur“ glaubhaft machen muss, dass er die Miete aufgrund der Pandemie nicht bezahlen konnte.

Glaubhaftmachung bedeutet konkret, dass der Mieter durch Dokumente nachweisen muss, dass er nur noch über 60% seines eigentlichen Einkommens verfügt. Allerdings kann teilweise der Nachweis durch die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung erfolgen

4. Muss der Mieter die Wohnung oder Gewerbeimmobilie räumen, wenn er nicht durch Glaubhaftmachung beweisen kann, dass er die Miete nicht aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie bezahlen kann?

Zahlt der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 die Miete ganz oder teilweise nicht und erklärt der Vermieter daraufhin die fristlose Kündigung und verklagt anschließend den Mieter auf Räumung des Mietobjekts (Wohnung, Gewerberaum), so wird das Gericht den Mieter zur Räumung verurteilen, wenn der Mieter nicht glaubhaft machen kann, dass er die Miete aufgrund der Corona-Pandemie nicht bezahlen konnte.

5. Wann beruht die Nichtzahlung der Miete auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie?

Diese Frage wird voraussichtlich die Gerichte in der Zukunft noch beschäftigen, weil eine einheitliche Antwort auf diese Frage noch nicht möglich ist und viele rechtliche Probleme beinhaltet.

Eine Voraussetzung ist, dass sich die aktuelle Einkommens- oder Ertragssituation mit der Corona-Krise wesentlich verschlechtert hat, sei es durch Kurzarbeit, Kündigung oder die Schließung des Gewerbes (bspw. im Einzelhandel) aufgrund der derzeitigen amtlichen Verfügung, und damit der Mieter mit seinem derzeitigen Einkommen oder Einnahmen die Miete nicht mehr bezahlen kann.

Das Gesetz gibt jedoch keine Auskunft darüber, ob und in welchem Umfang der Mieter sein sonstiges Vermögen zur Zahlung der Miete verwenden muss. Unserer Ansicht nach wird man vom Mieter verlangen können, dass wenn der Mieter über Spareinlagen, Festgeld- oder Geldmarktkonten verfügt, dieses Vermögen zur Zahlung der Miete einsetzen muss, weil es schnell verfügbar ist und gerade auch zum Ausgleich von Liquiditätsengpässen dient. Ob vom Mieter aber auch verlangt werden kann, dass er auch seine Lebens- und Rentenversicherungen kündigt und damit seine bisherige Altersvorsorge aufgeben muss, kann unterschiedlich bewertet werden.

Auch wird durch das Gesetz nicht geregelt, ob und in welchem Umfang sich der Mieter um staatliche Zuschüsse oder Kredite zur Zahlung der Miete bemühen muss, wie z.B. die Beantragung von Wohngeld oder Zuschüsse und Kredite für sein Gewerbe vom Bund oder dem jeweiligen Bundesland. Unklar ist zudem, ob die fristlose Kündigung wirksam ist, wenn der Mieter einen möglichen staatlichen Zuschuss oder ein Kreditprogramm übersieht oder bewusst nicht in Anspruch nimmt, weil der Mieter den Kredit auch wieder zurückbezahlen muss.

Wir gehen daher davon aus, dass trotz der nunmehr erlassenen gesetzlichen Sonderregelung einzelne fristlose Kündigungen wegen Zahlungsverzugs in der Zeit vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 rechtswirksam erklärt werden können und mit der Kündigung das Mietverhältnis beendet wird und der Mieter dann zum Auszug aus der Wohnung oder Gewerbeimmobilie verpflichtet ist.

6. Muss der Mieter Verzugszinsen bezahlen, wenn er die Mieten zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 nicht bezahlt?

Im Gegensatz zu der Regelung bei Verbraucherdarlehensverträgen wird die Miete nicht gestundet, das bedeutet die Zahlungspflicht besteht nach wie vor. Der Mieter ist somit, wenn keine anderen rechtlichen Gründe bestehen, weiterhin zur Zahlung der Miete zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt verpflichtet. Dabei gilt der Grundsatz: Geld hat man zu haben. Wir gehen davon aus, dass dieser Grundsatz auch während der aktuellen Krise weiter gilt, weil auch bei einer sonstigen unverschuldeten Arbeitslosigkeit des Mieters der Mieter bei Nichtzahlung der Miete mit der Zahlung der Miete in Verzug kommt. Zwar ist nicht auszuschließen, dass einzelne Gerichte den Einwand des unverschuldeten Verzugs aufgrund höherer Gewalt gelten lassen, aber wahrscheinlicher ist, dass die Gerichte bestätigen, dass der Mieter mit der Zahlung der Miete in Verzug kommt und dann auch ab Fälligkeit der Miete Verzugszinsen zu bezahlen hat.

7. Kann der Vermieter die Miete einklagen und wer trägt die Gerichts- und Anwaltskosten?

Da der Mieter weiter zur Zahlung der Miete verpflichtet ist, kommt er nur dann nicht in Verzug, wenn er die Nichtzahlung trotz Fälligkeit nicht zu vertreten hat. Wie wir bereits zur Frage 6. zum Anspruch des Vermieters auf Zahlung von Verzugszinsen ausgeführt haben, gehen wir davon aus, dass die Gerichte weiter nach dem Grundsatz entscheiden, Geld hat man zu haben, und der Mieter somit mit der Zahlung der Miete in Verzug kommt. Da mit dem aktuellen Gesetz keine Stundung der Miete beschlossen wurde, kann der Vermieter die fällige Miete einklagen und bei einer Verurteilung zur Zahlung der Miete hat der Mieter dann auch die Kosten des Rechtsstreits und damit die Anwalts- und Gerichtskosten zu tragen.

8. Kann der Vermieter aus dem Zahlungstitel vollstrecken (bspw. durch Kontopfändung/Lohnpfändung)?

Wird der Mieter zur Zahlung der Miete verurteilt, kann der Vermieter aus dem Urteil vollstrecken und z.B. die Konten des Mieters und das Arbeitseinkommen pfänden.

9. Kann der Vermieter den Mietvertrag fristlos kündigen, wenn der Mieter aufgrund der Zwangsvollstreckung die nach dem 30. Juni 2020 fälligen Mieten nicht bezahlen kann?

Ja, die fristlose Kündigung wurde durch das Sondergesetz nur wegen der Nichtzahlung der Mieten aufgrund der Corona-Pandemie für den Zeitraum vom 1. April 2020 und 30. Juni 2020 ausgeschlossen.

10. Kann der Vermieter wegen der nichtbezahlten Mieten zu einem späteren Zeitpunkt die Kündigung erklären?

Werden die Mieten bis zum 30. Juni 2022 nicht an den Vermieter bezahlt, kann der Vermieter nach dem 30. Juni 2022 auch wegen dieser nichtbezahlten Mieten den Mietvertrag fristlos kündigen.

11. Welche Möglichkeiten hat der Vermieter, der wegen der Nichtzahlung der Miete seine Darlehensraten nicht mehr bezahlen kann?

In diesem Fall darf der Vermieter den Mietvertrag nicht fristlos kündigen. Hat der Vermieter den Darlehensvertrag als Verbraucherdarlehensvertrag abgeschlossen und ist durch den Ausfall der Miete aufgrund der Corona-Pandemie sein angemessener Lebensunterhalt gefährdet, so werden ihm die Darlehensraten für den Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 gestundet.

Bei weiteren Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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