Familienrecht

Tod im Scheidungsverfahren

- Nadine Mey

Wie sieht es mit dem Erbrecht des in Scheidung lebenden Ehegatten aus?

Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten bzw. die Höhe der dem überlebenden Ehegatten zustehenden Erbquote hängt zunächst davon ab, in welchem Güterstand die Eheleute gelebt haben und welche Personen neben dem überlebenden Ehegatten gesetzliche Erben sind.

Was aber, wenn die Ehegatten getrennt leben, zwischen ihnen ein Scheidungsverfahren läuft und einer der Eheleute noch vor Abschluss des Scheidungsverfahrens stirbt? Erbt der überlebende Ehegatte in diesem Fall noch?

Das Gesetz regelt für diesen Fall den endgültigen Wegfall des Ehegattenerbrechts, wenn am Todestag (nicht zum Zeitpunkt der Einleitung des Scheidungsverfahrens) die formellen Scheidungsvoraussetzungen erfüllt waren und der verstorbene Ehepartner die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte.

Trotz dieser auf den ersten Blick eindeutigen gesetzlichen Regelung muss das Gericht genau prüfen, ob die Eheleute während der Trennungszeit nicht einen ernsthaften Versöhnungsversuch unternommen haben, der den Lauf des Trennungsjahres unterbrochen hat und das Vorliegen der Scheidungsvoraussetzungen entfallen lässt.

Nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 02.07.2008 (Az. IV ZR 34/08) muss das Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren außerdem feststellen, dass eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden konnte und die Ehe endgültig gescheitert war.

Kann diese Feststellung, die derjenige zu beweisen hat, der sich auf den Wegfall des Erbrechts des überlebenden Ehegatten beruft, nicht getroffen werden, bleibt der überlebende Ehegatte trotz eingeleitetem Scheidungsverfahren Erbe.

Hatte der verstorbene Ehegatte ein Testament gefertigt oder liegt ein gemeinschaftliches Testament der Eheleute vor, führen die gesetzlichen Auslegungsregeln in vielen Fällen dazu, dass das Ehegattenerbrecht bei Vorliegen der formellen Scheidungsvoraussetzungen entfällt.

Im laufenden Scheidungsverfahren muss der überlebende Ehegatte –um die Weitergeltung eines zu seinen Gunsten verfassten Testaments zu erreichen- beweisen, dass der verstorbene Ehegatte die letztwillige Verfügung unabhängig von einem Scheidungsverfahren getroffen hat oder getroffen hätte und sein Erbrecht nicht ausgeschlossen ist.

Da weiterhin etwa jede dritte Ehe geschieden wird und ein Scheidungsverfahren u. U auch mehrere Jahre dauern kann, empfiehlt es sich, die Voraussetzungen für den Wegfall des Ehegattenerbrechts bereits zu Beginn der Trennung oder eines Scheidungsverfahrens zu schaffen, um den übrigen Erben für den „Fall der Fälle“ langwierige (ggf. gerichtliche) Auseinandersetzungen zu ersparen.

Nadine Mey

Nadine Mey

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht
Mediatorin (BAFM)