Familienrecht

Unverheiratete Väter erhalten mehr Rechte

- Philip Betschinger

Das Bundeskabinett beschließt Gesetzesentwurf zur Reform des Sorgerechts.

Unverheiratete Väter sollen künftig mehr Rechte erhalten. Dies geht aus einem neuen Gesetzesentwurf hervor, welcher am 04. Juli 2012 dem Kabinett vorgelegt wurde. Die Reform betrifft eine Neuregelung des elterlichen Sorgerechts.

Das Sorgerecht nach § 1626 BGB ist in der Praxis von besonderer Bedeutung. Es umfasst bspw. die Entscheidungen über die Aufenthaltsbestimmung des Kindes, die Schulwahl oder die Einwilligung in ärztliche Eingriffe. Die derzeit geltende Rechtslage wird bestimmt durch § 1626a BGB. Nach dieser Vorschrift steht den bei der Geburt des Kindes unverheirateten Vätern das Sorgerecht nur gemeinsam mit der Mutter zu, wenn beide erklären, dass sie die Sorge für das Kind gemeinsam übernehmen wollen. Wird eine sog. Sorgeerklärung nicht abgegeben, so steht der Mutter nach § 1626a II BGB das Sorgerecht alleinig zu. Für unverheiratete Väter ist es derzeit faktisch nicht möglich das gemeinsame Sorgerecht ohne die Zustimmung der Mutter zu erhalten. Auch durch den Gesetzesentwurf  bleibt es bei dem bisherigen Grundsatz des alleinigen Sorgerechts der Mutter, sollte zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes keine Ehe bestanden haben.
Sollten Väter jedoch nach diesem neuen Gesetzentwurf ein Antrag auf Erteilung des gemeinsamen Sorgerechts stellen, greift zunächst eine gesetzliche Vermutung ein (1), dass ein gemeinsames Sorgerecht dem Kindeswohl nicht widerspricht. Allerdings hat die Mutter das Recht Widerspruch einzulegen (2). Hierfür muss sie triftige Gründe vorbringen, welche eine Gefährdung des Kindeswohls nahelegen. Das Gericht wird in diesem Fall eine umfassende Prüfung vornehmen (3). Denkbar ist grundsätzlich auch eine Zustimmung der Mutter zu dem Antrag des Vaters. Das gemeinsame Sorgerecht wird in dieser Konstellation im Wege eines vereinfachten und schnelleren Verfahrens zugesprochen.
Für die unverheirateten Väter bedeutet die Reform die lang geforderte Möglichkeit, das gemeinsame Sorgerecht auch gegen den Willen der Mütter durchsetzen zu können. „Dabei soll das Familiengericht regelmäßig die Übertragung der gemeinsamen Sorge beschließen, wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht" (aus: Entwurf eines Gesetzes der Bundesregierung zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern).
Für Kritiker der derzeit geltenden Rechtslage wird durch die neue Reform ein längst notwendiger Schritt vollzogen. Welche konkreten Auswirkungen die Reform auf die Praxis hat, wird sich dagegen erst in der Zukunft zeigen. Zum einen, mit welchen konkreten Regelungen das Gesetz endgültig verabschiedet wird und zum anderen, ob das Gesetz den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht.

Update:

Am 19.05.2013 ist die Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateten Eltern in Kraft getreten. Der neue § 1626a II bestimmt, wie in dem ursprünglichen Gesetzesentwurf vorgesehen, dass eine Übertragung der elterlichen Sorge oder ein Teil der elterlichen Sorge auf Antrag durch das Familiengericht vorgenommen wird, wenn diese Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können und sind solche Gründe auch anderweitig nicht ersichtlich, gilt nunmehr eine gesetzliche Vermutung, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht, § 1626a II S.2 BGB.

Über den Antrag des nicht sorgeberechtigten Elternteils soll nunmehr in diesen Fällen, soweit eine Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht, durch das Gericht nach § 155 a III FamFG im schriftlichen Verfahren ohne Anhörung des Jugendamts und ohne persönliche Anhörung der Eltern entscheiden werden. Somit wurde durch die Reform der elterlichen Sorge auch ein vereinfachtes Sorgerechtsverfahren vor den Gerichten etabliert.

Ein übliches Gerichtsverfahren findet nunmehr nur statt, wenn die Mutter Widerspruch gegen die Übertragung der elterlichen Sorge einlegt bzw. das Gericht Kenntnis von Gründen hat, welche befürchten lassen, dass eine Übertragung dem Kindeswohl widerspricht.

Dr. Philip Betschinger (LL.M.)

Dr. Philip Betschinger (LL.M.)

Rechtsanwalt
gepr. Versicherungsfachmann (IHK)
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