Vereins- und Stiftungsrecht

Verschiebung der Mitgliederversammlung eines Vereins in das Jahr 2021 zulässig?

- Christian Weber

An anderer Stelle wurde bereits dargestellt, dass die Covid-19-Gesetzgebung des Bundes für Vereine gewisse Erleichterungen gebracht hat. So wurde zum Beispiel kraft Gesetz die Amtszeit von Organen, die im Jahr 2020 abgelaufen wären, verlängert. Auch wurden die Voraussetzungen für eine virtuelle Mitgliederversammlung beziehungsweise eine Abstimmung per Brief - im Gegensatz zu den gesetzlichen Regelungen - deutlich erleichtert. Soweit ersichtlich fehlt jedoch eine Regelung für den Fall, dass weder eine postalische Abstimmung noch eine virtuelle Versammlung zulässig oder ist und somit die Mitgliederversammlung auf das kommende Jahr 2021 verschoben werden muss, da man seinen Mitgliedern eine Versammlung in persona nicht zumuten möchte.

Soweit in den Satzungen vorgesehen ist, dass die Mitgliederversammlung einmal jährlich stattzufinden hat, ist der Vorstand hieran grundsätzlich gebunden. Allerdings wird der Vorstand eine Mitgliederversammlung in Zeiten der Corona-Pandemie nicht durchführen dürfen, wenn er die Mitglieder des Vereines der Gefahr einer Ansteckung aussetzt oder die Durchführung der Mitgliederversammlung aufgrund entsprechender örtlicher Beschränkungen nicht zulässig ist.

Soweit darüber hinaus aus nachvollziehbaren Gründen weder eine virtuelle Versammlung, noch eine Abstimmung per Brief möglich ist, zum Beispiel weil ein Großteil der Mitglieder nicht über die entsprechenden technischen Voraussetzungen oder Kenntnisse verfügt oder auch der Verein diese technischen Voraussetzungen nicht ohne Weiteres schaffen kann, dürfte es zulässig sein, die Mitgliederversammlung in das kommende Jahr 2021 zu verschieben, ohne dass sich der Vorstand gegenüber dem Verein oder seinen Mitgliedern im weitesten Sinne hierfür haftbar macht. Eine Ausnahme dürfte nur insoweit bestehen, als im Rahmen der Mitgliederversammlung unaufschiebbare Beschlüsse getroffen werden müssen, die keinen Aufschub dulden, da ansonsten dem Verein ein Schaden entstehen kann.

Es bleibt in diesem Zusammenhang zudem abzuwarten, ob der Gesetzgeber die bisherigen Erleichterungen über den 31.12.2020 hinaus verlängert, da zumindest nach aktuellem Entwicklungsstand eine Besserung der Covid-19-Situation nicht abzusehen ist, sondern man eher davon ausgehen muss, dass weitere Beschränkungen, wenn auch nicht flächendeckend, dann doch auf lokaler Ebene erfolgen könnten.

Wir stehen Ihnen für weitere diesbezügliche Anfragen gerne zur Verfügung.

Christian Weber

Christian Weber

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Steuerrecht