Medizinrecht

Zur Frage der gewünschten Stellvertretung im Rahmen einer Wahlleistungsvereinbarung

- Ulrike Scheible

Die Frage, ob ein Patient im Rahmen einer geschlossenen Wahlleistungsvereinbarung eine gewünschte Stellvertretung des Wahlarztes in Anspruch nehmen kann, ist in der Rechtsprechung bislang ungeklärt. Die Gerichte sind sich uneinig darüber, ob eine sogenannte gewillkürte Vertretung des Wahlarztes zulässig ist oder nicht.

Im Grundsatz hat der Wahlarzt seine Leistungen höchstpersönlich zu erbringen, damit ihm ein Vergütungsanspruch aus der Wahlleistungsvereinbarung zusteht. Ausnahmen hiervon gelten nur dann, wenn der Wahlarzt unvorhergesehen verhindert ist und sein in der Vereinbarung aufgeführter ständiger ärztlicher Vertreter für ihn handelt. Eine ausdrücklich gewünschte Stellvertretung, auch bei Anwesenheit des Wahlarztes, wird von einigen Gerichten unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.10.2014 zu den Honorarärzten abgelehnt. In dieser Entscheidung wird insbesondere § 17 Abs. 3 KHEntgG als abschließende Vorschrift angesehen, welche den Kreis der Wahlärzte festlege und von welchem zum Schutz des Patienten auch nicht abgewichen werden dürfe.

Das Landgericht Regensburg hat in einer neueren Entscheidung (Urteil vom 22.02.2022) die Problematik eingehend erörtert und kam zu dem Ergebnis, dass eine gewünschte Stellvertretung zulässig sei. Dieser Entscheidung ist im Ergebnis zuzustimmen. Das Gericht weist auf die Vertragsfreiheit der Parteien hin und betont, dass auch der Bundesgerichtshof in seiner grundlegenden Entscheidung zur Individualvereinbarung aus dem Jahr 2007 eine Stellvertretung des Wahlarztes, insbesondere bei einer Verhinderung, als zulässig ansieht. Dem Sinn und Zweck der Wahlleistungsvereinbarung würde es ansonsten widersprechen, so das Landgericht Regensburg, wenn ein Patient sich nicht von seinem Wunscharzt behandeln lassen könnte. Daher könne eine gewünschte Stellvertretung unter engen Voraussetzungen als zulässig angesehen werden. Dies seien eine ausführliche Aufklärung sowie eine besondere ärztliche Expertise des Wahlarztes. Denn erst eine herausgehobene ärztliche Qualifikation oder eine besondere Vertrauensbeziehung zwischen Patient und Wahlarzt rechtfertige die Zahlung eines zusätzlichen Entgelts.

Praxistipp:

Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsfrage der gewünschten Stellvertretung bislang noch nicht beurteilt. Mehrere Gerichte haben aber diese Stellvertretung bereits als zulässig akzeptiert, was zu begrüßen ist. Sollte eine gewünschte Stellvertretung des Wahlarztes in Ausnahmefällen vorgenommen werden, so empfiehlt es sich neben der eigentlichen Wahlleistungsvereinbarung auch noch eine Individualvereinbarung zur gewünschten Stellvertretung abzuschließen. Aus dieser sollte eine ausführliche Aufklärung hervorgehen und die besondere Expertise des gewünschten Arztes aufgeführt sein.

Ulrike Scheible

Ulrike Scheible

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Medizinrecht