Arbeitsrecht

Bundesarbeitsgericht: Praktikanten und gesetzlicher Mindestlohn

- Sibylle Schmuker

Bundesarbeitsgericht: Praktikanten, die ein Pflichtpraktikum absolvieren, das nach einer hochschulrechtlichen Bestimmung Zulassungsvoraussetzung für die Aufnahme eines Studiums ist, haben keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.

Sachverhalt: Die Klägerin beabsichtigte die Bewerbung an einer privaten, staatlich anerkannten Universität für ein Studium im Fach Humanbereich. Hierfür war u.a. die Ableistung eines sechsmonatigen Krankenpflegedienstes Zugangsvoraussetzung, weshalb die Klägerin bei der Beklagten ein entsprechendes Praktikum absolvierte. Die Zahlung einer Vergütung wurde zwischen den Parteien nicht vereinbart.

Die Klägerin machte sodann unter Berufung auf das Mindestlohngesetz (MiLoG) einen Anspruch auf (rückständige) Vergütung geltend. Sie ist der Auffassung, dass ein Vorpraktikum vor Aufnahme eines Studiums kein Pflichtpraktikum im Sinne des MiLoG darstellt, weshalb ihre Arbeitsleistung vergütet werden müsse.

Die Entscheidung: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Revision der Klägerin mit Urteil vom 19. Januar 2022 – 5 AZR 217/21 zurückgewiesen. Die Klägerin unterfällt nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 MiLoG:

(1) Dieses Gesetz gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Praktikantinnen und Praktikanten im Sinne des § 26 des Berufsbildungsgesetzes gelten als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, es sei denn, dass sie

  1. ein Praktikum verpflichtend auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie leisten, …

Praktikantin oder Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt.“

Der Ausschluss von Ansprüchen auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 MiLoG erfasst nicht nur Praktika während des Studiums, sondern auch Praktika, die für die Aufnahme des Studiums nach der Studienordnung verpflichtend sind. Dies, unabhängig davon, dass es sich hier um die Studienordnung einer privaten Universität handelt, da die Universität staatlich anerkannt ist.

Sibylle Schmuker

Sibylle Schmuker

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht