Strafrecht

Durchsuchung und Beschlagnahme

- Florian Majer

Was tun, wenn Steuerfahndung und Polizei vor der Tür stehen?

Klopft es - in der Regel früh morgens – an der Eingangtür und es begehren mehrere Polizeibeamten und / oder Steuerfahnder mit dem Hinweis auf ein eingeleitetes Strafverfahren Einlass, ist es wichtig einen kühlen Kopf zu bewahren und einige wenige, aber bedeutsame Verhaltensmaßregel zu beachten. Dies gilt um so mehr, als gerade bei der Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen häufig Weichenstellungen für das gesamte Strafverfahren erfolgen, die im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht mehr korrigiert werden können.


I. Mitarbeiter (und sinngemäß Mitbewohner) sollten folgendes beachten:

1. Zunächst sollte der konkrete Grund für die Hausdurchsuchung von den Ermittlungsbeamten erfragt werden. Hierbei ist wichtig zu erfahren, gegen wen sich das Strafverfahren richtet, d. h. welche Personen als Beschuldigte angesehen werden.

2. Sodann muss unverzüglich der Beschuldigte bzw. verantwortliche Geschäftsführer / Vorstand über das Eintreffen der Ermittlungsbeamten informiert werden.

3. Danach müssen die Ermittlungsbeamten darum gebeten werden, auf das Eintreffen des Geschäftsführers / Vorstandes zu warten. Hierzu ist es sinnvoll, die Ermittlungsbeamten in ein separiertes Besprechungs- oder Wartezimmer zu bitten. In diesem Zimmer dürfen aber keinerlei mandatsbezogene Unterlagen vorhanden sein.

4. Insgesamt sollte den Ermittlungsbeamten freundlich entgegengetreten werden und im Hinblick auf die organisatorische Abwicklung der Durchsuchung grundsätzlich Kooperationsbereitschaft gezeigt werden. Abzusehen ist von verbalem oder gar körperlichem Widerstand. Es ist nahezu ausgeschlossen, eine bereits begonnene Durchsuchung zu stoppen. Widerstandshandlungen begründen nur die Gefahr eigener Strafbarkeit bzw. können zur Annahme einer Verdunkelungsgefahr und damit zum Erlass eines Haftbefehls führen.

5. Auf gar keinen Fall darf aber ein Mitarbeiter eine Aussage zur Sache machen. Auch beiläufig gemachte oder in einem informellen Gespräch mit einem vermeintlich „wohlgesonnen“ Ermittlungsbeamten getätigte Angaben sind zu unterlassen.

Sofern der Mitarbeiter selbst des Begehens einer Straftat beschuldigt wird, bzw. Gefahr läuft, sich durch eine Aussage eventuell selbst zu belasten, steht ihm ein Aussageverweigerungsrecht zu. Des Weiteren ist ein Mitarbeiter u. U. aus persönlichen oder beruflichen Gründen zur Zeugnisverweigerung berechtigt, wenn er zum Beschuldigten in einem bestimmten verwandtschaftlichen oder beruflichen Verhältnis steht. Und selbst wenn weder Aussage- noch Zeugnisverweigerungsrechte bestehen, sollte sich kein Mitarbeiter unter Druck setzen und sich bei der mit der Hausdurchsuchung in der Regel einhergehenden Aufregung, zu Aussagen drängen lassen. Gegebenenfalls sollte auf die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts als Zeugenbeistand bestanden werden.

In diesem Zusammenhang ist es auch immer gut zu wissen, dass niemand verpflichtet ist, vor einem Polizeibeamten eine Aussage zu machen. Diesen gegenüber kann ohne jede Begründung jegliche Angaben verweigert werden („Ich möchte dazu nichts sagen“).

6. Auf keinen Fall darf die freiwillige Herausgabe von Unterlagen und Gegenständen erfolgen. Möchten die Ermittlungsbeamten einen Gegenstand beschlagnahmen, so müssen sie dies formal über eine offizielle Beschlagnahmehandlung tun. Über die beschlagnahmten Gegenstände müssen die Ermittlungsbeamten ein ausführliches und vollständiges Verzeichnis führen. Sollten während der Durchsuchung von den Ermittlungsbeamten Gegenstände beschädigt oder gar zerstört werden, sind auch diese Beschädigung in das Durchsuchungsprotokoll aufzunehmen.

II. Beschuldigte bzw. Geschäftsführer/Vorstand haben darüber hinaus Folgendes zu beachten:

1. Es muss die Vorlage des gerichtlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses verlangt und zusätzlich die Aushändigung einer entsprechenden Kopie erbeten werden. Dem Gerichtsbeschluss sollte zu entnehmen sein, welche Person beschuldigt wird, welcher Straftatverdacht besteht und aus welchen Tatsachen sich dieser Verdacht ergibt; außerdem muss der Beschluss den Umfang der Durchsuchung und Beschlagnahme angeben sowie von einem Richter unterzeichnet sein.

2. Sodann sollte umgehend ein Strafverteidiger telefonisch konsultiert werden. Eine eventuell von den Ermittlungsbeamten verhängte Telefonsperre darf niemals die Kontaktaufnahme mit einem Rechtsanwalt zu Verteidigungszwecken unterbinden. Der Strafverteidiger wird dann mit den durchsuchenden Ermittlungsbeamten telefonisch die Modalitäten der Durchsuchung abzustimmen versuchen und, soweit möglich, sofort zum Durchsuchungsort kommen.

3. Hiernach sollten Namen und Dienstbezeichnungen der Ermittlungsbeamten anhand von Ausweisen tatsächlich geprüft und notiert werden.

4. Soweit Zeugen, meist aus der Gemeindeverwaltung, von den Ermittlungsbeamten mitgebracht worden sind, empfiehlt sich, auf deren Teilnahme ausdrücklich zu verzichten. Zwar dient die Beiziehung von Zeugen dem Schutz des Beschuldigten, zur Wahrung größtmöglicher Diskretion sollte aber der Kreis der Teilnehmer der Durchsuchung so klein wir möglich gehalten werden.

5. Nochmals: Keine Aussage zur Sache während der Durchsuchung. Gerade bei Hausdurchsuchung wird die zum Teil chaotische Situation und die damit verbundene Einschüchterung und Verunsicherung der Betroffenen von den Ermittlungsbeamten genutzt, um in informellen Gesprächen an Informationen zu kommen. Hierbei wird dann häufig so getan, als ob „alles gar nicht so schlimm“ sei und man die Sache dann aufgeklärt und aus der Welt bekomme. Hierbei muss man sich aber immer vor Augen halten, dass wenn die Angelegenheit aus Sicht der Ermittlungsbehörde „nicht so schlimm“ wäre, sie sich kaum die Mühe einer Hausdurchsuchung gemacht hätte. Jedes Wort, dass der Beschuldigte, seine Mitarbeiter oder seine Mitbewohner gegenüber Ermittlungsbeamten äußern, kann im Strafverfahren verwendet werden. Die Wortwahl und die Tragweite der Aussagen aber während der psychischen Ausnahmesituation einer Hausdurchsuchung ohne Befragung eines in Strafsachen versierten Verteidigers richtig beurteilen zu können, erscheint nahezu ausgeschlossen. Wird weiter bedacht, dass Aussagen auch in einem späteren Verfahrensstadium jederzeit noch nachgeholt werden können, wird deutlich, dass eine Aussage während der Durchsuchung wenn nicht schädlich, zumindest unnütz ist.

6. Keinesfalls darf der Steuerberater oder Rechtsanwalt von seiner Verschwiegenheitsverpflichtung entbunden werden. Hierdurch würde der Geheimnisträger bei einer Vernehmung den Fragen der Ermittlungsbeamten schutzlos ausgesetzt und könnte sich nicht mehr auf sein gesetzlich garantiertes Zeugnisverweigerungsrecht berufen.

7. Weiter ist darauf zu achten, dass die Ermittlungsbeamten ihre Suche auf diejenigen Unterlagen und Räumlichkeiten beschränken, die im Durchsuchungsbeschluss bezeichnet sind.

8. Unterlagen und Gegenstände die die Ermittlungsbeamten mitnehmen wollen, dürfen nicht freiwillig herausgegeben werden. Dies bedeutet nicht, dass die Gegenstände mit körperlicher Gewalt zurückgehalten werden sollen. Stattdessen ist die Mitnahme der Gegenstände durch die Ermittlungsbeamten zu dulden, gleichzeitig aber kundzutun, dass man mit der Wegnahme nicht einverstanden ist. Bei Unterlagen, die der Beschlagnahmefreiheit unterliegen, beispielsweise Unterlagen die der Verteidigung dienen, ist bei einem Streit über die Zulässigkeit der Mitnahme auf die Versiegelung der Unterlagen zu bestehen.

9. Außerdem muss darauf geachtet werden, dass über sämtliche beschlagnahmten Unterlagen und Gegenstände von den Ermittlungsbeamten ein Verzeichnis schriftlich ausgestellt wird, so dass ich nachträglich jederzeit feststellen lässt, welche Unterlagen / Gegenstände mitgenommen wurden. Von dem Mitnahmeverzeichnis sollte die Aushändigung einer Abschrift gefordert werden.

10. Sofern die beschlagnahmten Unterlagen nicht zu umfangreich sind, empfiehlt es sich, die beschlagnahmten Unterlagen vorab zu kopieren. Diese kann von den Ermittlungsbeamten grundsätzlich nicht verboten werden.

11. Nach Abschluss der Durchsuchung und Beschlagnahme sollte ein interner Bericht zu Papier gebracht und den Verteidigungsunterlagen zugeführt werden.

(Stand September 2003)

Florian Majer

Florian Majer

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Steuerrecht
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht