AGB-Recht

Informationspflichten des Unternehmers zur OS-Plattform der Europäischen Kommission und zur Streitbeilegung gem. § 36 VSBG

- Ellen Steinacker

Jeder Unternehmer, der eine Webseite unterhält, Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwendet oder online Kauf- bzw. Dienstverträge abschließt, hat bestimmte Informationspflichten auf seiner Webseite und in seinen AGB zu erfüllen.

I. Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten

Gem. Art. 14 Abs. 1 VO (EU) 524/2014 hat ein in der Europäischen Union niedergelassener Unternehmer, der Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge eingeht, auf seiner Webseite einen Link zur OS-Plattform (Online-Streitbeilegungsplattform) der Europäischen Kommission einzustellen. Dieser Link muss für Verbraucher leicht zugänglich und direkt anklickbar sein. Die bloße textliche Wiedergabe der URL-Adresse der OS-Plattform ohne eine Verlinkungs-Funktion stellt keinen Link im Sinne des Art. 14 Abs. 1 VO (EU) Nr. 524/2013 dar (OLG Hamburg, Beschl. v. 26.4.2018 – 3 W 39/18). Zudem muss der Unternehmer eine E-Mail-Adresse angeben.

In der Rechtsprechung noch ungeklärt ist dabei, ob die Verpflichtung zur Einstellung eines Links zur OS-Plattform nach Art. 14 Abs. 1 VO (EU) 524/2014 auch für die einzelnen Angebote auf einer Internetplattform wie „eBay“ besteht (bejahend: OLG Hamm, Beschluss vom 3.8.2017 – 4 U 50/17; verneinend: OLG Dresden, Urt. v. 17.1.2017 – 14 U 1462/16).

Ein Unternehmer, der verpflichtet ist oder sich verpflichtet hat, alternative Streitbeilegungsstellen zu nutzen, informiert die Verbraucher über die Existenz der OS-Plattform als Möglichkeit zur Streitbeilegung und darüber hinaus über die Möglichkeit, diese für die Beilegung ihrer Streitigkeiten zu nutzen (Art. 14 Abs. 2 VO (EU) 524/2014). Auch hier muss auf der Webseite oder in der E-Mail mit dem Angebot ein Link zur OS-Plattform eingestellt werden. Diese Informationen sind gegebenenfalls auch in die AGB aufzunehmen.

Die Informationen werden nach Art. 14 Abs. 7 VO (EU) 524/2014 möglichst gebündelt veröffentlicht.

II. § 36 VSBG

Seit dem 1. Februar 2017 gilt das Gesetz über die alternative Streitbeilegung in Verbrauchersachen (Verbraucherstreitbeilegungsgesetz – VSBG). Das Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten. § 36 VSBG regelt allgemeine Informationspflichten des Unternehmers auf seiner Webseite und in seinen AGB, zu denen die Rechtsprechung bereits konkretisierende Entscheidungen erlassen hat.

Gem. § 36 Abs. 1 VSBG hat ein Unternehmer, der eine Webseite unterhält oder AGB verwendet, den Verbraucher leicht zugänglich, klar und verständlich

  1. in Kenntnis zu setzen davon, inwieweit er bereit ist oder verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, und
  2. auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen, wenn sich der Unternehmer zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle verpflichtet hat oder wenn er auf Grund von Rechtsvorschriften zur Teilnahme verpflichtet ist; der Hinweis muss Angaben zu Anschrift und Webseite der Verbraucherschlichtungsstelle sowie eine Erklärung des Unternehmers, an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, enthalten.

Diese Informationspflichten treffen nur Unternehmer, die auch mit Verbrauchern Verträge schließen. Zudem sieht § 36 Abs. 3 VSBG vor, dass die Informationspflichten nicht für Unternehmer gelten, die am 31. Dezember des vorangegangenen Jahres zehn oder weniger Personen beschäftigt haben.

Zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren ist der Unternehmer entweder aufgrund einer gesetzlichen Regelung (z.B. § 111b EnWG) verpflichtet. Zudem kann sich der Unternehmer auch freiwillig zur Teilnahme verpflichten. Die Bereitschaft zur Teilnahme kann sich der Unternehmer aber nach der Rechtsprechung des BGH nicht im Einzelfall vorbehalten, da diese Information nicht hinreichend klar und verständlich ist (BGH, Urteil vom 21.8.2019 – VIII ZR 265/18).

Die genannten Informationen müssen dabei nach § 36 Abs. 2 VSBG

  1. auf der Webseite des Unternehmers erscheinen, wenn der Unternehmer eine Webseite unterhält,
  2. zusammen mit seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegeben werden, wenn der Unternehmer Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet.

In einem Vorlageverfahren hat der EuGH entschieden, dass ein Unternehmer, der zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren verpflichtet ist und der auf seiner Webseite seine AGB einstellt, aber über das Internet keine Verträge mit Verbrauchern schließt, gleichwohl verpflichtet ist, in den AGB die Hinweise zu erteilen (EuGH, Urteil vom 25.6.2020 – C-380/19).

Der BGH hat zum Ort der Informationen entschieden, dass die Informationen sowohl auf der Webseite als auch in den AGB erscheinen müssen, wenn der Unternehmer sowohl eine Webseite unterhält als auch AGB verwendet (BGH, Urteil vom 22.9.2020 – XI ZR 162/19).

III. Praxishinweis

Unternehmer sollten in jedem Fall ihre jeweilige Webseite und ihre AGB auf die Erfüllung der unterschiedlichen Informationspflichten prüfen. Gerne stehen wir bei der Umsetzung der rechtlichen Vorgaben zur Verfügung und übernehmen die Anpassungen.

Ellen Steinacker (LL.M.)

Ellen Steinacker (LL.M.)

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwältin für Steuerrecht
Betriebliche Datenschutzbeauftragte (IHK)