Familienrecht, Steuerrecht

Kindergeld als Bezugspunkt für Steuerhinterziehung

- Philip Betschinger

Kindergeld als Bezugspunkt für Steuerhinterziehung - Der unberechtigte Bezug von Kindergeld kann eine strafbare Steuerhinterziehung darstellen.

Die gesetzlichen Regelungen zum Kindergeldbezug finden sich im Einkommenssteuergesetz (EStG). Dies hat zur Folge, dass der unberechtigte Bezug von Kindergeld eine strafbare Steuerhinterziehung nach § 370 AO darstellen kann. Zudem ist der zuständigen Behörde die Rückforderung von zu Unrecht bezogenem Kindergeld möglich.

Für Elternteile in einer funktionierenden Beziehung, verheiratet oder nicht, haben die Regelungen der §§ 62 EStG grundsätzlich wenig Bedeutung. Kritisch kann es werden, wenn die beiden Elternteile getrennt voneinander leben und das Kind nur bei einem Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. § 64 II S. 1 EStG bestimmt für diesen Fall, dass nur derjenige Elternteil kindergeldbezugsberechtigt ist, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.

Ändert sich beispielsweise der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes durch Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts zu dem anderen Elternteil, erlischt ab diesem Moment die Kindergeldbezugsberechtigung des vormals betreuenden Elternteils.

Für diesen Fall sieht § 68 I S. 1 EStG Mitwirkungspflichten der Elternteile vor. Sie haben grundsätzlich wahrheitsgemäße Angaben über die Umstände zu machen, welche maßgeblich für die Kindergeldbezugsberechtigung sind. Ferner trifft sie Hinweis- und Korrekturpflicht gegenüber der Behörde, wenn sich an diesen Umständen nach Antragstellung etwas geändert haben sollte.

Zieht die Mutter mit dem Kind aus der gemeinsamen Wohnung mit dem Vater dauerhaft aus, so entfällt für den Vater ab diesem Moment die Kindergeldbezugsberechtigung. Über diesen maßgeblichen Umstand hat er die zuständige Behörde zu informieren. Unterlässt er dies und wird in Folge dessen weiteres Kindergeld an ihn bezahlt, liegt eine Steuerhinterziehung gem. § 370 I Nr. 2 AO vor. Bedingter Vorsatz wird in den meisten Fällen anzunehmen sein, da die Familienkasse in der Regel in verschiedenen Merkblättern darauf hinweist, dass Änderungen der Verhältnisse der Familienkasse mitgeteilt werden muss.

Steht die Steuerhinterziehung fest, hat dies auf den Betroffenen zwei Auswirkungen:

1.
Eine strafrechtliche Verfolgung findet in der Art und Weise statt, dass in den meisten Fällen eine Geldstrafe verhängt wird. Zwar sieht § 370 I AO auch eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahre vor, doch ist deren Verhängung in erster Linie Frage des hinterzogenen Betrages. Anknüpfungspunkt beim Kindergeld ist der jährlich bezogene Betrag, derzeit beim 1. Kind 2.208,00 €. Eine Freiheitsstrafe wird jedoch in der Regel erst ab hinterzogenen Beträgen in Höhe von mindestens 100.000,00 € verhängt.

2.
Der Betroffene sieht sich einem Rückforderungsanspruch der Familienkasse konfrontiert. Diese ist nach § 70 II EStG verpflichtet, bereits erlassene Bescheide über die Festsetzung von Kindergeld aufzuheben und zu korrigieren. Maßgeblich für den Rückforderungsanspruch ist der Zeitpunkt, zu dem sich die für die Kindergeldbezugsberechtigung maßgeblichen Umstände geändert haben.

Fazit:

Festzuhalten gilt, dass der unberechtigte Bezug von Kindergeld kein Kavaliersdelikt ist. Es kann nur dringend angeraten werden, der zuständigen Behörde die Veränderungen der maßgeblichen Umstände für den Kindergeldbezug mitzuteilen. Unabhängig von einer strafrechtlichen Geldbuße können die Betroffenen mit Rückforderungsansprüchen für einen Zeitraum von bis zu 10 Jahren (§ 169 II S. 1 AP) konfrontiert werden.

Dr. Philip Betschinger (LL.M.)

Dr. Philip Betschinger (LL.M.)

Rechtsanwalt
gepr. Versicherungsfachmann (IHK)
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Familienrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht