Arbeitsrecht

Rechtsprechungsänderung: Urlaubsanspruch bei einem Wechsel in eine Teilzeittätigkeit mit weniger Wochenarbeitstagen

- Dr. Stefan Rein

Die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur „Umrechnung“ des noch nicht aufgebrauchten Urlaubsanspruchs bei einem unterjährigen Wechsel von Voll- in Teilzeit bzw. einer weiteren Reduzierung der Wochenarbeitstage wurde nun – aufgrund „europäischen Drucks“ aus Luxemburg – aufgegeben: Dem vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer soll sein Urlaubsanspruch bei einem solchen Wechsel nicht mehr verhältnismäßig gekürzt werden dürfen! Dementsprechend erhöhen sich freilich dessen bezahlte betriebliche Abwesenheitszeiten. Die eigene Unzufriedenheit der Bundesrichter mit dieser aufgezwungenen Rechtsprechungsänderung ist dabei – jedenfalls in deren bislang noch allein vorliegenden Pressemitteilung – deutlich herauszulesen.

Die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 28.04.1998 – 9 AZR 314/97): Die konsequente Abhängigkeit von der Zahl der Wochenarbeitstage

Änderte sich im Verlauf eines Kalenderjahres die Verteilung der Arbeitszeit auf weniger Arbeitstage einer Kalenderwoche, sollte sich dementsprechend auch die Dauer des dem Arbeitnehmer zustehenden Urlaubs reduzieren. Sie war dann jeweils unter Berücksichtigung der nunmehr für den Arbeitnehmer maßgeblichen Verteilung seiner Arbeitszeit neu zu berechnen. Gleiches sollte für einen auf das folgende Urlaubsjahr übertragenen Resturlaub gelten, wenn der Arbeitnehmer seit Beginn des folgenden Jahres in Teilzeit beschäftigt ist.

Hatte also beispielsweise ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer noch zehn Resturlaubstage, was bei einer 5-Tage-Woche noch weiteren zwei Urlaubswochen entspricht, sollten ihm auch nach der Reduzierung seiner Arbeitszeit mit einer Verteilung auf lediglich noch zwei Wochenarbeitstage noch weiterhin zwei Urlaubswochen zustehen, was aber zugleich eine Reduzierung seines Urlaubsanspruchs auf vier Urlaubstage bedeutete. Diese Umrechnung war damit urlaubswochenneutral.

Die neue Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 10. Februar 2015 (9 AZR 53/14): Keine „Minderung“ des einmal erworbenen Urlaubsanspruchs durch an sich „urlaubswochenneutrale“ Anspruchsumrechnung

Diese urlaubswochenneutrale Umrechnung musste nun – infolge einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13. Juni 2013 – vom Bundesarbeitsgericht aufgegeben werden: Kann ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer vor seinem Wechsel in eine Teilzeittätigkeit mit weniger Wochenarbeitstagen seinen Urlaub nicht nehmen, darf die Zahl der Tage des bezahlten Jahresurlaubs wegen des Übergangs in eine Teilzeitbeschäftigung nicht (mehr) verhältnismäßig gekürzt werden. Das bislang herangezogene Argument, der erworbene Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub werde bei einer solchen Kürzung ja gerade nicht vermindert, weil er – in Urlaubswochen ausgedrückt – unverändert bleibe, hatte der Europäische Gerichtshof unter Hinweis auf des Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter ausdrücklich verworfen.

In obigem Beispiel führt diese Rechtsprechung zu einer Beibehaltung von zehn Urlaubstagen, was angesichts der neu vereinbarten 2-Tage-Woche jedoch nunmehr fünf Urlaubswochen entspricht.

Dr. Stefan Rein

Dr. Stefan Rein

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht