Der BGH hat mit Urteil vom 27. April 2021 (Az. XI ZR 26/20) entschieden, dass die von Banken oftmals verwendete Klausel, mit der die Zustimmung des Kunden zu einer geplanten Änderung der AGB als erteilt gilt, sofern der Kunde nicht binnen einer vorgegebenen Frist widerspricht, Verbraucher unangemessen benachteiligt und daher gemäß §§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist. Die Entscheidung wird für jegliche AGB und auch im B2B-Bereich Bedeutung haben.
Der Fall
Das beklagte Bankinstitut hatte im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern AGB eingesetzt, die regelten, dass Änderungen der AGB dem Kunden spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten werden. Die Zustimmung des Kunden zu der Änderung der AGB gilt dann als erteilt, wenn er seinen Widerspruch nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung erklärt. Auf diese Zustimmungsfiktion hat ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinzuweisen. Zudem wurde dem Kunden ein Kündigungsrecht eingeräumt. Auf diese Weise sollten dann z.B. Änderungen der vom Kunden zu zahlenden Entgelte für Bankleistungen abgeändert werden können.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände erhob Klage gegen das Bankinstitut und beantragte die Unterlassung der Verwendung dieser AGB. In zwei Instanzen unterlag der Kläger, um dann doch vom BGH in der Revision Recht zu bekommen.
Die Entscheidung
Der BGH urteilte daher, dass die vom Kläger angegriffenen Klauseln unwirksam sind. Entgegen der Vorinstanzen geht der BGH zunächst davon aus, dass die Klauseln der Bank der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegen. Da die Vorinstanzen rechtsfehlerhaft keine Inhaltskontrolle der Klauseln durchgeführt, also nicht geprüft hatten, ob die Klauseln gegen AGB-Recht verstoßen, nahm der BGH diese Inhaltskontrolle selbst vor.
Dabei stellte der BGH zunächst fest, dass die AGB-Klauseln das Schweigen des Bankkunden als Annahme eines Antrags auf Vertragsänderung fingieren, sofern der Kunde nicht rechtzeitig wi-derspricht. Diese Zustimmungsfiktion weicht nach Auffassung des BGH von wesentlichen Grundgedanken der §§ 305 Abs. 2, 311 Abs. 1, 145 BGB ab, weil ein Schweigen des Kunden als Zustimmung zu einer Vertragsänderung gelten soll.
Diese Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen benachteiligt nach Auffassung des BGH den Kunden auch unangemessen, weil der Kunde aktiv gegen eine künftige Änderung des bisherigen Vertrages tätig werden muss. Ein Untätigbleiben führt hingegen die Vertragsänderung herbei, ohne dass es darauf ankommt, warum der Kunde untätig geblieben ist.
Darüber hinaus kann die Bank mittels der verwendeten Zustimmungsfiktion die vom Kunden geschuldete Hauptleistungspflicht, nämlich die an die Bank zu zahlenden Entgelte, einseitig abändern und zu seinen Gunsten verschieben. Nach Auffassung der BGH darf eine Zustim-mungsfiktion aber nicht eine derartig gravierende Änderung der Hauptleistungspflichten durch bloßes Schweigen herbeiführen können. Daher sind die verwendeten Klauseln insgesamt unwirksam.
Fazit
Der BGH betont in seiner Entscheidung den Grundsatz der Vertragsfreiheit und zwar auch im negativen Sinn, also die Freiheit, dass ein Vertrag - oder eben wie hier eine Vertragsänderung - nicht begründet wird. Diese Freiheit wird dem Kunden dann genommen, wenn durch sein Untä-tigbleiben ein geschlossener Vertrag inhaltlich abgeändert wird.
Die Entscheidung des BGH hat über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Kreditinstituten hinaus auch praktische Relevanz für andere Branchen, die in ihren Klauseln Zustimmungsfiktionen einsetzen. Der zu entscheidende Fall spielte sich zwar im B2C-Bereich ab, allerdings könnten die Feststellungen auch auf den B2B-Bereich übertragen werden.
Daher sollten entsprechende Klauseln in jedem Fall auf ihre Wirksamkeit geprüft werden.