Wohnungseigentumsrecht

Wer zahlt den Selbstbehalt der Gebäudeversicherung bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) bei Schäden an Sondereigentum?

- Lennart Kroll

Häufig werden in Versicherungsverträgen Selbstbeteiligungen für den Schadensfall vereinbart, um einerseits die auszuzahlenden Versicherungsprämien zu verringern und andererseits die zu zahlenden Beiträge günstiger zu halten.
Wie verhält es sich aber, wenn eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) eine Gebäudeversicherung abgeschlossen hat, der Schaden jedoch nicht am Gemeinschaftseigentum, sondern am Sondereigentum eines der Wohnungseigentümer eintritt?

Hierüber hat nun der Bundesgerichtshof durch Urteil entschieden (BGH, Urteil vom 16. September 2022 – V ZR 69/21).

Der Problemaufriss

Im konkreten Fall ging es um eine WEG in Köln, welche aus Wohnungen und einer Gewerbeeinheit besteht. Aufgrund des Umstands, dass es in dem Gebäude vermehrt zu Problemen mit den Leitungen kam und hierdurch vermehrt Wasserschäden in den Wohnungen hervorgerufen wurden, erhöhte die Versicherung die Selbstbeteiligung der vorliegenden Gebäudeversicherung. Im Rahmen dieser Versicherung wurde das gesamte Gebäude versichert und nicht zwischen Gemeinschafts- und Sondereigentum unterschieden.
Die WEG-Verwaltung legte in der Folge den fälligen Selbstbeteiligungsbetrag auf die jeweiligen Eigentümer anteilig nach deren Eigentumsanteilen um.
Die Eigentümerin der Gewerbeeinheit sollte daher aufgrund der großen Fläche einen großen Teil der Selbstbeteiligung zahlen. Dies wollte diese nicht hinnehmen, da es in ihren Räumlichkeiten nie zu einem Wasserschaden gekommen war und sie nicht anteilig für Schäden am Sondereigentum anderer Wohnungseigentümer aufkommen wollte.
Der Rechtsstreit ging durch alle Instanzen, vom AG Köln zum LG Köln und anschließend vor den BGH.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der 5. Senat des obersten Gerichts für Zivilverfahren entschied, dass alle Mitglieder einer WEG im Falle einer mit Selbstbeteiligung abgeschlossenen Gebäudeversicherung im Schadensfall an der Selbstbeteiligung zu beteiligen sind, unabhängig davon, ob der Schaden an Gemeinschafts- oder Sondereigentum eingetreten ist.
Begründet wurde die Entscheidung damit, dass sich die WEG grundsätzlich zu einer Vereinbarung einer Selbstbeteiligung entschieden habe, unter anderem, um hierdurch die Versicherungsbeiträge geringer zu halten. Hiervon würden alle Eigentümer profitieren, weshalb auch alle Eigentümer im Schadensfall für die zu tragende Selbstbeteiligung einstehen müssten.

Zudem war darüber zu entscheiden, ob ein Anspruch auf Änderung des maßgeblichen Verteilerschlüssels besteht. Eine solche Änderung ist gem. § 16 Abs. 2 S. 2 WEG grundsätzlich möglich. Ein entsprechender Anspruch eines einzelnen Wohnungseigentümers kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn gem. § 10 Abs. 2 WEG aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ein Festhalten an der geltenden Regelung unbillig erscheint.
Im vorliegenden Fall hat der Senat mangels hinreichender Feststellungen die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gleichwohl wurde festgestellt, dass eine solche unbillige Belastung der Klägerin in Betracht kommen könnte, sofern das (alleinige bzw. jedenfalls überwiegende) Auftreten der Leitungswasserschäden im Bereich der Wohneinheiten auf baulichen Unterschieden des Leitungsnetzes in den Wohneinheiten einerseits und der Gewerbeeinheit andererseits beruhen sollte. Nicht ausreichend wäre es nach Ansicht des BGH demgegenüber, wenn die Ursache bei gleichen baulichen Verhältnissen auf ein unterschiedliches Nutzungsverhalten zurückzuführen wäre.

Fazit

Eine Verteilung der anfallenden Selbstbeteiligungskosten einer Gebäudeversicherung auf alle Wohnungseigentümer ist auch bei Schäden am Sondereigentum einzelner Wohnungseigentümer möglich.
Wie die Kosten im konkreten Einzelfall verteilt werden dürfen, hängt davon ab, ob eine anteilige Verteilung für einzelne Eigentümer eine unbillige Belastung darstellt.

Lennart Kroll

Lennart Kroll

Rechtsanwalt