1. Was ist die Ausgleichung nach §§ 2050 ff. BGB?
Die Ausgleichung im Erbfall wurde vom Gesetzgeber eingeführt, da der Gesetzgeber von der (widerlegbaren) Annahme ausging, dass der Erblasser im Todesfall seine Abkömmlinge gleich behandeln möchte und zur gerechten Auseinandersetzung bestimmte lebzeitige Zuwendungen daher ausgleichungspflichtig sein sollen.
2. Wann greift die Ausgleichung?
Die Vorschriften über die Ausgleichung von lebzeitigen Zuwendungen setzen grundsätzlich voraus, dass die Abkömmlinge als gesetzliche Erben berufen sind. Hat der Erblasser hingegen eine letztwillige Verfügung (Testament/Erbvertrag) errichtet, besteht nach dem Gesetz nur dann eine Ausgleichungspflicht, wenn der Erblasser den Abkömmlingen durch letztwillige Verfügung ihren gesetzlichen Erbteil zugewandt oder sie im Verhältnis ihrer gesetzlichen Erbteile bedacht hat. Die gesetzlichen Regelungen sind aber dispositiv, das heißt, der Erblasser kann abweichende Anordnungen vor oder bei der Zuwendung treffen. Nachträgliche Änderungen einmal getroffener (oder unterbliebener) Ausgleichungsanordnungen sind nur im Wege einer letztwilligen Verfügung möglich.
3. Welche Zuwendungen sind ausgleichungspflichtig?
Nach dem Gesetz sind sog. Ausstattungen stets ausgleichungspflichtig, sofern der Erblasser keine andere Anordnung getroffen hat. Ausstattungen ermöglichen dem Abkömmling angesichts einer Heirat oder der Erlangung einer selbstständigen Lebensstellung eine „Starthilfe“.
Zuschüsse sind nur dann gesetzlich ausgleichungspflichtig, wenn sie das den Vermögensverhältnissen des Erblassers entsprechende Maß überstiegen haben. Unter Zuschüssen werden Einkommenszuschüsse (also nicht nur einmalig) und Ausbildungsaufwendungen verstanden.
Andere Zuwendungen sind nach dem Gesetz hingegen nur dann ausgleichungspflichtig, wenn der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat.
4. Wie wird die Ausgleichung durchgeführt?
Die Durchführung der Ausgleichung ist in § 2055 BGB geregelt. Nachdem die Nachlassverbindlichkeiten beglichen wurden und die Erbteile der nicht an der Ausgleichung teilnehmenden Miterben berechnet wurde, vollzieht sich die Ausgleichung im Wesentlichen in drei Schritten.
Als Erstes wird ein fiktiver Nachlass unter Hinzurechnung der ausgleichungspflichtigen Zuwendung berechnet.
Dann wird der Nachlass nach dem Verhältnis der Erbteile der an der Ausgleichung beteiligten Erben aufgeteilt.
Zuletzt wird vom Anteil des ausgleichungspflichtigen Miterben seine bereits erhaltene Zuwendung abgezogen.
In der Praxis spielt die Wertermittlung der lebzeitigen Zuwendung dabei eine erhebliche Rolle und sorgt regelmäßig für Streit unter den Miterben.
5. Wie wird die Ausgleichung geltend gemacht?
Um überhaupt Kenntnis von einer lebzeitigen Zuwendung zu erlangen, hat jeder Miterbe gemäß § 2057 BGB einen Auskunftsanspruch. Dieser kann auch im Rahmen einer sog. Stufenklage geltend gemacht werden, so dass auf erster Stufe Auskunft, auf zweiter Stufe ggf. die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und auf dritter Stufe die Feststellung der Ausgleichungspflicht beantragt wird.
Die Regelungen zur Ausgleichung im Erbrecht sind komplex und hängen stark vom Einzelfall ab. Daher ist rechtliche Beratung dringend zu empfehlen, um etwaige Ansprüche korrekt zu ermitteln und spätere Streitigkeiten zu vermeiden.