Familienrecht

Zugewinn - Unternehmensbewertung

- Dr. Karl Frick

Die Bewertung des Unternehmens oder Unternehmensanteils im Falle einer Trennung/Scheidung zur Ermittlung des Anspruchs auf Zugewinnausgleich.

1. Objektiver Wert des Unternehmens

Hat ein Unternehmer in der Ehezeit ein Unternehmen aufgebaut oder fortgeführt, muss für diesen Vermögensgegenstand im Falle der Trennung/Scheidung nach § 1376 BGB der Wert des Unternehmens bzw. Unternehmensanteils zum Stichtag der Heirat sowie am Tag der Zustellung des Scheidungsantrages ermittelt werden.

Maßgebend ist nach dem Gesetz der sog. objektive Wert oder auch Verkehrswert genannt. Die Rechtspraxis hat zur Ermittlung dieses objektiven Wertes mehrere Methoden entwickelt; man unterscheidet grundsätzlich die Ertragswert-, Substanzwert-, Liquidations-oder Zerschlagungswertmethode.

2. Methodenwahl

Prinzipiell kommt es für die Methodenwahl im Einzelfall darauf an, in welchem Zustand sich das Unternehmen befindet und welche Firmenstruktur der Sachverständige bei der Unternehmensbewertung vorfindet.

Konsens ist, dass Ausgangspunkt grundsätzlich für die Bewertung eines Unternehmens dessen Gewinne aus den letzten 3-5 Jahren sind und hieraus mit der sogenannten Ertragswertmethode der Wert des Unternehmens zu eruieren ist.

In bestimmten Fällen ist von der Ertragswertmethode abzurücken und etwa zur Substanzwertmethode überzugehen ist, wenn z.B. offensichtlich vorhandene Substanzwerte viel höher sind als die im Unternehmen manchmal jahrelang ausgewiesenen geringen Erträge oder gar Verluste aus den Jahresabschlüssen. Oder es ist sogar der Zerschlagungswert maßgeblich, wenn das Unternehmen nicht fortgeführt wird.

3. Ertragswertbestimmung nach IDW S1 und IDW S13

Mit der Ertragswertmethode soll laut BGH der Wert des Unternehmens ermittelt werden, den ein potentieller Käufer bereit ist zu investieren, um sein Kapital in Zukunft mit einer von ihm gewünschten Rendite verzinst zu erhalten (BGH, Urt. Vom 2.2.2011 – XII ZR 185/08). Dabei kommt es entscheidend darauf an, dass das Bewertungsobjekt grundsätzlich auf einen Erwerber übertragbar ist. Individuelle Faktoren des Unternehmens bzw. Unternehmers sowie auch eine sog. latente Steuerlast (fiktive Steuern, wie etwa Steueranfall beim Verkauf des Unternehmens), müssen bei der Bewertung berücksichtigt bzw. abgezogen werden.

Während die Betriebswirtschaft für die Ermittlung des objektiven Wertes bei sehr große Unternehmen unterstellt, dass ein Dritter/Erwerber das Unternehmen jederzeit im gleichen Maße wie der Vorgänger fortführen kann (Barwertermittlung nach IDW S1-Methode – sog. typisierter Anteilseigner), hält die Praxis diese Sicht- bzw. Vorgehensweise für kleinere und mittleren Unternehmen für unangebracht; bei kleineren und mittleren Unternehmen muss man laut Bundesgerichtshof die Abhängigkeit des Unternehmens von der Person des Eigentümers und auch viele andere Risikofaktoren für die Gewinne solcher Unternehmen besonders in die Bewertung einbeziehen (IDW S13-Methode). Gerade letzterer Gesichtspunkt erfordert daher eine sehr gute Aufbereitung des Bewertungsmaterials durch den beratenden Familienrechtsanwalt sowie Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, damit man zu dem jeweils gewünschten Ergebnis kommen kann.

4. Gesellschaftsverträge

Gesellschaftsverträge geben oftmals Vorgaben für die Bewertung eines Anteils im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters. Auch können in einem Gesellschaftsvertrag besondere Verpflichtungen gegenüber anderen Gesellschaftern bestehen und daher für die Bewertung eine Rolle spielen. Die Rechtspraxis kennt hier keine allgemeine Regel, wie in solchen Einzelfällen vorzugehen bzw. zu bewerten ist. Klar dürfte allerdings auch hier sein, dass in all diesen Fällen eine sehr gute Informationsgabe an den bewertenden Sachverständigen erfolgen muss, um ein gutes Ergebnis zu erreichen.

Dr. Karl Frick

Dr. Karl Frick

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Familienrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht