Sozialrecht

Aktuelle Rechtsprechung zu den Aufwandspauschalen bei der Prüfung von Krankenhausabrechnungen

- Achim Wurster

Gem. § 275 Abs. 1c SGB V prüft der MDK bei Krankenhausbehandlung nach § § 39 SGB V, ob die Leistung medizinisch notwendig war und/oder die Abrechnung des Krankenhauses korrekt war. Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 300,00 € zu entrichten.

Soweit so gut – in der Vergangenheit entbrannte aber auf einmal Streit darüber, was eine Prüfung in diesem Sinne überhaupt ist. Das BSG wollte aus dem Gesetz herauslesen in einigen Entscheidungen entnehmen, dass die Aufwandspauschale nicht anfällt, wenn die Prüfung nur die sachlich-rechnerische Richtigkeit der übersendeten Rechnung betrifft, also ob das Krankenhaus richtig kodiert hat. Nur bei sog. Auffälligkeitsprüfungen sollte die Pauschale anfallen.

Diese – vom BVerfG als gerade noch vertretbar bezeichnete – Rechtsprechung führte dazu, dass Krankenkassen massenhaft bereits bezahlte Aufwandspauschalen von den Krankenhäusern zurückforderten. Der Gesetzgeber hat mittlerweile reagiert, so dass nach der aktuellen Gesetzesfassung dieser Rechtsprechung der Boden wieder entzogen ist.

Problematisch blieben aber die Fälle, in denen die Krankenkassen nun in sog. „Altfällen“ Verrechnungen vornahmen. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat nun mit Urteil vom 09.04.2019 – L 11 KR 1359/18 erfreulicherweise sehr klar und deutlich Position bezogen, dass die Aufwandspauschale jedenfalls bis zum Bekanntwerden der ersten BSG-Entscheidung hierzu (01.07.2014 – B 1 KR 29/13 R; Veröffentlichung 16.10.2014) berechtigt gezahlt wurde und das Krankenhaus Vertrauensschutz genießt.

Das Landessozialgericht erachtet es als „unbillig und damit treuwidrig i.S.d. § 242 BGB, in bereits abgeschlossenen Fällen, in denen die Aufwandspauschale ohne Vorbehalt gezahlt worden ist, und die weder durch eine Klage noch einen sonstigen Vorbehalt offengehalten worden sind, nunmehr die gezahlten Aufwandspauschale zurückzufordern.“

Auf Basis dieser Entscheidung konnten wir daher in einem von unserer Kanzlei erstrittenen Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 01.08.2019 – S 13 1417/18 die Verrechnung einer solchen Aufwandspauschale rückgängig machen. Die beklagte Krankenkasse muss die Pauschale (wieder) bezahlen. Interessant an dem Urteil ist vor allem, dass das Sozialgericht Ulm die Berufung unter Verweis auf das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg nicht zugelassen hat, weil es eben aufgrund dieser grundsätzlichen Entscheidung des Landessozialgerichts keine grundsätzliche Bedeutung der Angelegenheit mehr beimisst, da die Rechtsfrage nur noch in abgeschlossenen Verfahren jedenfalls vor dem 01.01.2016 relevant sei.

Krankenhäuser sind daher nun gut beraten, ihre Forderungsbestände jedenfalls bis zum 01.07.2014 zu prüfen und ggf. die Aufwandspauschalen von den Krankenkassen zurückzufordern, sollte diese die Pauschalen nachträglich verrechnet haben.

Achim Wurster

Achim Wurster

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Sozialrecht
Zertifizierter Fachexperte für betriebliche Altersversorgung (BRBZ e.V.)