Arbeitsrecht

Auswirkungen des Mindestlohngesetzes auf die Vertragsgestaltung (II)

- Dr. Stefan Rein

Bereits vor knapp zwei Jahren sprachen wir im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes die Empfehlung aus, bei der einzelvertraglichen Vereinbarung von Ausschlussfristen („Verfallklauseln“) darauf zu achten, dass hiervon solche Ansprüche ausdrücklich ausgenommen werden, auf welche der Arbeitnehmer selbst nicht wirksam verzichten kann. Anderenfalls würde diese Unachtsamkeit dazu führen, dass nicht allein diese Ansprüche nicht wirksam verfallen könnten, sondern darüber hinaus jeglicher Arbeitnehmeranspruch nicht verfallen könnte. Diese strenge Rechtsansicht wurde nun vom Bundesarbeitsgericht – leider – bestätigt.

Die Unabdingbarkeit des Mindestlohnes verbietet sich auf ihn erstreckende Ausschlussfristen

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Unwirksam ist damit die den Mindestlohn unterschreitende Entgeltabrede als solche, an deren Stelle der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn tritt. Ebenso sind damit vertragliche Ausschlussfristen unwirksam, da solche die Geltendmachung eines Anspruchs zeitlich beschränken. Der Anspruch auf Arbeitsvergütung bis zur Höhe des gesetzlichen Mindestlohns unterliegt damit allein der Verjährung.

Die Auswirkungen einer zu weit gefassten Verfallklausel: Für Arbeitnehmeransprüche einerseits …

Die dies aber gerade nicht berücksichtigende Verfallklausel ist jedoch nicht allein insoweit unwirksam, sondern insgesamt unwirksam. Das Bundesarbeitsgericht hatte bei seinem Urteil vom 24. August 2016 (5 AZR 703/15) zwar noch nicht über die Auswirkungen einer gegen die Bestimmungen des MindestStelohngesetzes verstoßenden vertraglichen Ausschlussfrist zu befinden, sondern über diejenigen bei entsprechenden Verstößen gegen die Vorgaben der (durch das Mindestlohngesetz abgelösten) Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Pflegebranche. Das Bundesarbeitsgericht begründete diese weitreichende Rechtsfolge auch nicht mit dem sog. Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (§ 306 Abs. 2 BGB), sondern mit dem damit einhergehenden Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), im Ergebnis aber besteht Einigkeit: Mit einer solchen, zu weit gefassten Vertragsklausel kann letztlich überhaupt kein Anspruch des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis mehr verfallen.

… und für Arbeitgeberansprüche andererseits

Anders verhält es sich indes auf der Gegenseite: Der Arbeitgeber kann sich freilich nicht auf die Unwirksamkeit der von ihm selbst eingeführten Formularbestimmung berufen, weswegen seine Ansprüche nach entsprechendem Fristablauf auch weiterhin verfallen.

Dr. Stefan Rein

Dr. Stefan Rein

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht