Arbeitsrecht

Corona-Schnelltestpflicht für Arbeitnehmer? Nein, aber…

- Achim Wurster

Mit der neuen Fassung der Corona-Arbeitsschutzverordnung soll es nun – glaubt man den kurzen Presseberichten – eine Testpflicht für alle Arbeitnehmer geben, die nicht im Homeoffice arbeiten.

Dies ist so nicht richtig. Abgesehen davon, dass eine solche Pflicht aufgrund ihres Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber einseitig nicht ohne weiteres durchsetzbar wäre, hätte der Arbeitgeber im Vorfeld sämtliche als mildere Mittel in Betracht kommenden Alternativen wie z.B. Homeoffice zu prüfen und durchzusetzen.

Welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen ein verweigerter Test hat, steht auf einem anderen Blatt Papier. Hier wird es entscheidend auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls ankommen.

„Angebotspflicht“

Vor diesem Hintergrund hat das Bundesarbeitsministerium daher die Pflicht des Arbeitgebers „erfunden“, den Arbeitnehmern Coronatests zu ermöglichen. Seit dem 20.04.2021 müssen Arbeitgeber also ihren Arbeitnehmern, die nicht ausschließlich im Homeoffice arbeiten, wöchentlich mindestens ein Test-Angebot unterbreiten. Besonders gefährdeten Arbeitnehmern muss der Arbeitgeber wöchentlich zwei Angebote machen. Dazu zählen z.B. Arbeitnehmer, die in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind oder die in geschlossenen Räumen unter besonders ansteckungsbegünstigenden klimatischen Bedingungen arbeiten oder die personennahe Dienstleistungen ausführen. Auch Arbeitnehmer, die Kontakt mit Personen haben, die keinen Mund-Nase- Schutz tragen müssen und Arbeitnehmer, die häufig wechselnden Kontakt mit anderen Menschen haben, fallen darunter.

In manchen Bundesländern bestehen strengere Vorgaben, sodass wir empfehlen, zusätzlich auch die Rechtslage im jeweiligen Bundesland im Blick zu haben, gerade wenn mehrere Betriebe in unterschiedlichen Bundesländern liegen.

Freie Auswahl des Tests

Der Arbeitgeber hat die freie Wahl, welche Tests er anbietet. Er kann PCR-Tests oder Antigen-Schnelltests zur professionellen oder zur Selbstanwendung anbieten.

Tests nicht zwingend während der Arbeitszeit

Der Arbeitgeber kann verlangen, die Tests vor Beginn der Arbeit, d.h. außerhalb der Arbeitszeit, durchzuführen. Hier muss man das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beachten. Auch ergibt sich aus der Verordnung, dass der Arbeitgeber Dritte mit der Durchführung der Tests beauftragen kann. Die wöchentlichen kostenlosen Bürgertests gehören aber nicht dazu.

Keine Testpflicht

Arbeitnehmer müssen das Testangebot des Arbeitgebers nicht annehmen. Ob diese halbgare Lösung jetzt der Weisheit letzter Schluss ist, wollen wir an dieser Stelle nicht kommentieren.

Und wenn der Test positiv ist?

Ergibt ein Antigen-Schnelltest ein positives Ergebnis, muss sich der Arbeitnehmer als Verdachtsfall in Quarantäne begeben. Das BMAS setzt hohe Erwartungen in das eigenverantwortliche Handeln der Arbeitnehmer. Ferner müssen Arbeitnehmer einen PCR-Test in die Wege leiten.

Eine andere Frage ist, ob der Arbeitnehmer den Arbeitgeber über ein positives Testergebnis informieren muss. Nach unserer Auffassung besteht eine solche Pflicht, auch bei einem Antigentest. Denn der Arbeitgeber muss ggf. aufgrund dieses Ergebnisses Prozesse und Strukturen anpassen, um seinen Schutzpflichten auch gegenüber den anderen Arbeitnehmern nachzukommen.

Nachweis- und Dokumentationspflichten

Der Arbeitgeber muss die Nachweise über die Beschaffung der Tests oder die Vereinbarung mit Dritten über die Testung der Arbeitnehmer vier Wochen aufbewahren. Dies soll dazu dienen, dass die Arbeitsschutzbehörden und Unfallversicherungsträger überprüfen können, ob der Arbeitgeber seiner Pflicht nachkommt. Eine Dokumentation, ob und wie viele Tests durchgeführt wurden, muss der Arbeitgeber dagegen nicht vornehmen.

Achtung: Bußgeld droht!

Verstößt der Arbeitgeber gegen seine Pflichten, kann die zuständige Behörde Anordnungen nach dem ArbSchG treffen und bei einem Verstoß gegen diese Anordnung Bußgelder bis zu 30.000,00 € verhängen und ggf. auch den Betrieb einstellen.

Achim Wurster

Achim Wurster

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Sozialrecht
Zertifizierter Fachexperte für betriebliche Altersversorgung (BRBZ e.V.)