Wir hatten bereits über die Reform des NachwG berichtet. Ein wesentliches Problem der Neuregelung war, dass der Gesetzgeber über die europäische Vorgabe hinausging und weiter die strenge Schriftform angeordnet hatte. Das Bürokratieentlastungsgesetz IV scheint das jetzt zu ändern, aber auch nur auf den ersten Blick.
I. Textform im NachwG
Vom Grundsatz muss der Arbeitgeber weiterhin die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederlegen, unterzeichnen und dem Arbeitnehmer aushändigen. Ab 01.01.2025 kann er die Niederschrift nach in Textform (§ 126b BGB) abfassen und elektronisch übermitteln, sofern das Dokument für den Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit der Übermittlung auffordert, einen Empfangsnachweis zu erteilen.
So weit so gut, aber: In diesem Fall hat der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers die Niederschrift unter Hinweis auf den Geltungsbeginn der wesentlichen Vertragsbedingungen unverzüglich doch noch in Schriftform zu erteilen. In den klassischen Schwarzarbeitsbranchen nach § 2a Abs. 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (z.B. Baugewerbe, Gastronomie, Spedition und Logistik) bleibt es grundsätzlich bei der Schriftform.
Problematisch an der Neuregelung bleibt daher: der Arbeitgeber muss im Streitfall nachweisen können, dass er die Übermittlung vorgenommen hat. Was aber ist die Folge, wenn der Arbeitnehmer das Empfangsbekenntnis nicht abgibt? Hierzu verhält sich das Gesetz nicht. Der Arbeitgeber wird daher im Sinne seiner eigenen Rechtssicherheit im Ergebnis doch wieder gezwungen, sich die Bestätigung schriftlich einzuholen. Damit verfehlt das Gesetz bereits seinen eigentlichen Zweck.
In formeller Hinsicht empfehlen wir die Übersendung des Nachweises entweder in einer E-Mail oder einer PDF-Datei. Ein USB-Stick dürfte dagegen nicht unter den Gesetzestext fallen, da hier der Arbeitnehmer noch weitere Schritte unternehmen muss, bis er das Dokument speichern und ggf. drucken kann. Auch ein Fax dürfte der Vorgabe nicht mehr genügen.
Der Widerspruch zwischen Textform und elektronischer Übermittlung zeigt sich z.B. darin, dass der Arbeitgeber ein Dokument erstellt und in Papierform ohne Unterschrift an seine Mitarbeiter verteilt. Darin liegt keine elektronische Übermittlung. Die Textform ist aber erfüllt. Man wird auch diese Variante als zulässig ansehen dürfen, gleichwohl raten wir angesichts des Wortlauts im Gesetz zu Vorsicht.
Wie bisher auch entfällt die Pflicht zur Nachweiserteilung, wenn dem Arbeitnehmer ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt worden ist, der die Vorgaben des NachwG enthält. Darunter fällt auch ein in elektronischer Form (§ 126a BGB = qualifizierte elektronische Signatur) geschlossener Arbeitsvertrag. Neu ist, dass die Pflicht zur Nachweiserteilung entfällt, wenn dem Arbeitnehmer ein in Textform abgeschlossener Arbeitsvertrag übermittelt worden ist.
II. Textform für Altersgrenzen
Eine echte Erleichterung ist die Klarstellung, dass die in einem Arbeitsvertrag enthaltene Vereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vorsieht, nur der Textform bedarf. Da es sich rechtlich gesehen um Befristungsabreden handelt, mussten diese bisher wegen § 14 TzBfG schriftlich vereinbart sein.
III. Textform für Arbeitnehmerüberlassungsverträge
Künftig kann auch der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen Ver- und Entleiher gem. § 12 AÜG in Textform abgeschlossen werden.
IV. Erleichterungen im JArbSchG
Soweit im JArbSchG schriftliche Handlungen vorgesehen sind, können diese auch in Textform erfolgen. Ausnahme sind lediglich § 6 Absatz 4 Satz 1 und § 21a Absatz 2.
V. Textform bei Elternzeit und Pflegezeit
Die Geltendmachung der Elternzeit sowie einer Teilzeittätigkeit während der Elternzeit ist künftig in Textform möglich. Gleiches gilt für die Reaktion des Arbeitgebers. Für die Pflegezeit und Familienpflegezeit reicht künftig ebenfalls die Textform.
V. Praktisches Problem: wie schließt man einen Vertrag in Textform?
Für einen Vertrag bedarf es zweier übereinstimmender Willenserklärungen. Dies dokumentiert man z.B. durch die Unterschrift der Vertragsparteien auf einem Dokument. Dies soll ja durch die Textform gerade entbehrlich werden. Man wird also irgendeine Dokumentation benötigen, dass die Parteien sich auf einen bestimmten Vertrag verständigt haben. Die Zukunft wird zeigen, wie dies in der Praxis gehandhabt wird. Sinnvoll könnte z.B. sein, den Vertragsschluss in einem fortlaufenden E-Mail-Verlauf zu dokumentieren.
VI. Fazit
Der erste Schritt ist getan – aber dennoch bleibt das BEG IV wieder auf halbem Weg stehen. Die Schriftform bleibt dem Arbeitsrecht weiterhin erhalten, da die Textform ohne nähere Konkretisierungen durch den Gesetzgeber Beweisschwierigkeiten mit sich bringt und der Abreitnehmer auch weiter die Schriftform – grundlos (!) – verlangen kann.
Das NachwG lässt unklar, ob der Arbeitgeber den Nachweis in ein Mitarbeiterportal einstellen kann. Hier wird man schauen müssen, wie die Rechtsprechung sich positioniert.