Arbeitsrecht

Die Befristung wegen beabsichtigter Besetzung des Arbeitsplatzes mit einem eigenen Auszubildenden

- Dr. Stefan Rein

Das Bundesarbeitsgericht stellt in seiner Entscheidung vom 18. März 2015 (7 AZR 115/13) klar, dass ein die Befristung rechtfertigender Sachgrund auch dann bestehen kann, wenn der Arbeitnehmer lediglich bis zu dem Zeitpunkt beschäftigt werden soll, in dem ein Auszubildender des Arbeitgebers seine Berufsausbildung beendet haben wird, und der Arbeitgeber dessen Übernahme in ein Arbeitsverhältnis beabsichtigt. Denn auch in einem solchen – vom Gesetzgeber zwar nicht ausdrücklich bedachten – Fall habe der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an einer nur zeitlich begrenzten Beschäftigung, weil er im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem befristet eingestellten Arbeitnehmer bereits damit rechnen muss, dass er diesen nur für eine vorübergehende Zeit beschäftigen kann. Entscheidend ist dabei allerdings, jedenfalls bei einer Übernahmeverpflichtung von Auszubildenden, ob der Auszubildende unbefristet oder selbst lediglich befristet übernommen werden soll.

Unproblematisch: Die spätere Besetzung des Arbeitsplatzes mit einem noch derzeitigen Auszubildenden im Rahmen eines unbefristeten Dauerarbeitsverhältnisses

Der Gesetzgeber zählt unter § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG auf, in welchen Fällen die Befristung eines Arbeitsverhältnisses zulässig ist. Diese Aufzählung ist allerdings nicht abschließend. Jeder andere Sachgrund hat dabei jedoch den Wertungsmaßstäben der dort genannten Befristungstatbestände zu entsprechen, für welche kennzeichnend ist, dass der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an einer nur zeitlich begrenzten Beschäftigung hat, weil er im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem – befristet eingestellten – Arbeitnehmer aufgrund konkreter (!) Tatsachen damit rechnen muss, dass er diesen nur für eine vorübergehende Zeit beschäftigen kann. Diese Konstellation ist dementsprechend auch dann gegeben, wenn der Arbeitgeber einen bereits jetzt zu besetzenden Arbeitsplatz zu einem späteren Zeitpunkt mit einem noch derzeitigen Auszubildenden besetzen will. Denn der Arbeitgeber habe, so das Bundesarbeitsgericht, wegen des mit der Ausbildung verbundenen Aufwands ein berechtigtes Interesse daran, dem Auszubildenden bei der Beendigung dessen Berufsausbildung einen Arbeitsplatz anbieten zu können. Die Befristung sei dabei allerdings nur dann „ohne weiteres“ gerechtfertigt, wenn der Auszubildende in ein unbefristetes (Dauer-) Arbeitsverhältnis übernommen werden soll.

Problematisch: Die spätere Besetzung des Arbeitsplatzes mit einem noch derzeitigen Auszubildenden im Rahmen eines lediglich befristeten Arbeitsverhältnisses bei Bestehen einer Übernahmeverpflichtung

Kommt der Arbeitgeber hingegen beispielsweise lediglich einer tarifvertraglichen Verpflichtung nach, Auszubildende nach Abschluss der Ausbildung für eine bestimmte Zeitdauer in ein Arbeitsverhältnis zu übernehmen, könne allein die Prognose, zu einem künftigen Zeitpunkt zur Übernahme einer bestimmten Anzahl von Auszubildenden in befristete Arbeitsverhältnisse verpflichtet zu sein, die Befristung von Arbeitsverträgen mit anderen Arbeitnehmern bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtfertigen. Denn dies kann gerade zu einer „ständigen Fluktuation“ führen, wenn die in befristete Arbeitsverhältnisse übernommenen (ehemaligen) Auszubildenden nach Ablauf der jeweiligen Vertragslaufzeit aus ihren Arbeitsverhältnissen ausscheiden. Deren Arbeitsplätze würden sodann frei und könnten grundsätzlich wiederum mit Auszubildenden nachbesetzt werden, die zu jenem Zeitpunkt ihre Ausbildung beendet haben werden.

Ein berechtigtes Interesse an der befristeten Beschäftigung eines anderen Arbeitnehmers bis zum Zeitpunkt der Übernahme des Auszubildenden in ein befristetes Arbeitsverhältnis könne mithin nur dann bestehen, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem anderen Arbeitnehmer die Prognose gerechtfertigt ist, dass der zu übernehmende Auszubildende nach Abschluss seiner Ausbildung nicht auf einem Arbeitsplatz beschäftigt werden kann, der aufgrund des Ausscheidens eines früher in ein befristetes Arbeitsverhältnis übernommenen Auszubildenden frei wird, beispielsweise deshalb, weil jener im Anschluss an die (zunächst) befristete Beschäftigung – im Falle seiner Bewährung – in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werden soll.

Die Frage, ob dann, wenn keine (tarifvertragliche) Verpflichtung zur befristeten Übernahme von Auszubildenden besteht und dementsprechend auch keine „Vor-Übernahmen“ gegeben sind, eine spätere, jedoch zunächst noch ebenso lediglich befristet vorgesehene Anstellung des Auszubildenden vorgesehen ist, ebenfalls für problematisch erachtet werden muss, um bis dahin eine Überbrückung durch die befristete Beschäftigung eines anderen Arbeitnehmers rechtfertigen zu können, brauchte hier nicht entschieden zu werden. Diese müsste jedoch verneint werden, da auch in dieser Konstellation zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem anderen Arbeitnehmer dessen nur vorübergehende Beschäftigungsmöglichkeit bereits feststeht. Ob diese später möglicherweise wieder gegeben sein kann, ist unbeachtlich.

Verallgemeinerung im Anschluss an die jüngste Rechtsprechung zur Vertretungsbefristung: Die zusätzliche Missbrauchskontrolle bei jeglicher Sachgrundbefristung

Auch für diese Konstellationen verlangt das Bundesarbeitsgericht dann – wie schon bei Vertretungsbefristungen – zudem die Vornahme einer Rechtsmissbrauchskontrolle, wenn es sich bei der befristeten Beschäftigung des zur „Überbrückung“ herangezogenen Arbeitnehmers um dessen wiederholte Vertragsverlängerung handelt. An sich gerechtfertigte Befristungen sollen – so die jüngere Rechtsentwicklung – bei längerer Gesamtbefristungsdauer im Wege sogenannter Kettenbefristungen im Einzelfall missbräuchlich und damit unwirksam sein können.

Fazit

Die vorübergehende Besetzung eines Arbeitsplatzes bis zu dessen Besetzung durch einen noch derzeitigen Auszubildenden des Arbeitgebers ist auch im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses grundsätzlich zulässig. Problematisch wird dies allerdings dann, wenn der Arbeitgeber zur wenigstens befristeten Übernahme seiner Auszubildenden verpflichtet ist und es auf diese Weise zu einer ständigen Fluktuation auf diesen Arbeitsplätzen kommen kann. Auch bei diesem Befristungsgrund ist zudem eine Missbrauchskontrolle durchzuführen.

Dr. Stefan Rein

Dr. Stefan Rein

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht