Arbeitsrecht

Die Coronaprämie kann auch nach hinten losgehen!

- Achim Wurster

Bekanntlich können Arbeitgeber seit März 2020 ihren Mitarbeitern einen steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Bonus für die besonderen Belastungen im Zusammenhang mit der Coronakrise zahlen. Dieser Bonus ist aktuell noch bis zum Jahresende befristet.

Daher könnte man nun auf die verlockende Idee kommen, den Mitarbeitern das Weihnachtsgeld 2020 als Coronaprämie auszuzahlen, so dass die Mitarbeiter ohne Abzüge von Lohnsteuer und Sozialversicherung in den Genuss des vollen Betrages kommen. Nebenbei würde sich das Unternehmen noch den Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung sparen.

Das klingt zu schön um wahr zu sein – und genau das ist es auch!

Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern eine Coronaprämie bis zu einem Betrag von 1.500,00 € steuer- und sozialversicherungsfrei gewähren. Voraussetzung ist aber, dass der Bonus „zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn“ gezahlt wird. Das Finanzministerium hat diesen Begriff in einem Schreiben vom 05.02.2020 konkretisiert. „Zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn“ liegt nur vor, wenn

  • der Bonus nicht auf den Vergütungsanspruch angerechnet,
  • der Vergütungsanspruch nicht zugunsten des Bonus herabgesetzt,
  • der verwendungs- oder zweckgebundene Bonus nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung der Vergütung gewährt und
  • die Vergütung bei Wegfall des Bonus nicht erhöht wird.

Damit müssen Arbeitgeber genau prüfen, auf welcher Grundlage sie an ihre Mitarbeiter ein Weihnachtsgeld bezahlen.

Einen gesetzlichen Anspruch auf die Zahlung eines Weihnachtsgeldes gibt es nicht. Daher haben Arbeitnehmer nur dann Anspruch auf ein Weihnachtsgeld, wenn sich dies aus einem Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergibt.

Aber selbst wenn es einen solchen Anspruch nicht gibt, kennt die Rechtsprechung des BAG in weiteres Instrument: die betriebliche Übung. Diese liegt spätestens dann vor, wenn der Arbeitgeber dreimal hintereinander ein Weihnachtsgeld gezahlt hat, ohne auf die Freiwilligkeit der Leistung hinzuweisen, sog. Freiwilligkeitsvorbehalt.

Wichtig ist, dass dieser Freiwilligkeitsvorbehalt jeweils bei der Leistung geäußert wird. Ein pauschaler Vorbehalt in einem Arbeitsvertrag ist im Zweifel unwirksam und kann eine betriebliche Übung nicht verhindern.

Die betriebliche Übung hat zur Folge, dass die Arbeitnehmer einen vertraglichen, einklagbaren Anspruch auf das Weihnachtsgeld haben mit der Folge, dass die Umwandlung in die Coronaprämie nicht mehr möglich ist. Denn dann zahlt der Arbeitgeber die Prämie nicht zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn, sondern wandelt den Lohn nur um.

In einem solchen Fall unterliegt die Coronaprämie der Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflicht. In einer Betriebsprüfung droht daher die Nacherhebung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen, was bei einer entsprechenden Anzahl von Arbeitnehmern schnell teuer werden kann. Unter Umständen besteht sogar ein strafrechtliches Risiko (Steuerhinterziehung, Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt), wenn man die Umwandlung vorsätzlich vornimmt.

Nicht zuletzt kann auch ein findiger Arbeitnehmer auf die Idee kommen, neben der Coronaprämie noch das „reguläre“ Weihnachtsgeld einzufordern. Sich dagegen zur Wehr zu setzen mit dem Argument, man habe doch stattdessen die Coronaprämie bezahlt, dürfte nicht von allzu großem Erfolg gekrönt sein. Man würde sich damit nämlich die eben dargestellten Probleme erst recht einhandeln.

Von daher sollte man sorgfältig die rechtliche Situation prüfen, bevor man die Coronaprämie als Ersatz für das Weihnachtsgeld auszahlt.

Achim Wurster

Achim Wurster

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Sozialrecht
Zertifizierter Fachexperte für betriebliche Altersversorgung (BRBZ e.V.)