Arbeitsrecht

Die krankheitsbedingte Kündigung und das BEM – Fallstricke für Arbeitgeber

- Achim Wurster

Beabsichtigt der Arbeitgeber, einen langfristig erkrankten Arbeitnehmer krankheitsbedingt zu kündigen, muss er neben den allgemeinen bekannten Voraussetzungen des § 1 KSchG (negative Gesundheitsprognose, Betriebsablaufstörungen, kein anderer freier Arbeitsplatz) stets auch prüfen, ob die Kündigung verhältnismäßig ist, also das letzte Mittel (ultima ratio) darstellt. Hierbei hat das BAG in ständiger Rechtsprechung klargestellt, dass hierzu auch die ordnungsgemäße Durchführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) gehört.

BEM als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes

Zwar führt das Unterlassen des BEM nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung an sich, jedoch sind die Hürden für den Arbeitgeber, im Prozess darzulegen, warum es kein anderes Mittel mehr als die Kündigung gab, insbesondere warum das BEM entbehrlich war, beinahe unerreichbar hoch.

Beachtung des Datenschutzes

Oftmals übersehen Arbeitgeber jedoch bei der Einladung zum BEM, dass sie enorme datenschutzrechtliche Pflichten erfüllen müssen. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein geht in seinem Urteil vom 22.09.2015 - 1 Sa 48 a/15 davon aus, dass das BEM nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, wenn der Arbeitgeber bei Einladung zum BEM dem Arbeitnehmer nicht mitteilt, welche Daten im Sinne von § 3 Abs. 9 BDSG erhoben und gespeichert werden und für welche Zwecke sie dem Arbeitgeber zugänglich gemacht werden. In einem solchen Fall kam das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein zu dem Ergebnis, dass der Arbeitgeber im Prozess zur umfassenden Darlegung verpflichtet war, warum die Durchführung eines BEM nicht erfolgversprechend gewesen wäre. Dies gelang dem Arbeitgeber nicht, weshalb das Landesarbeitsgericht der Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers stattgab.

Dieser Fall zeigt einmal mehr sehr anschaulich, dass die ordnungsgemäße Durchführung des BEM bei der Frage der Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung von entscheidender Bedeutung ist. Die Rechtsprechung misst dem BEM eine hohe Bedeutung zu, so dass sich Fehler – gerade auch im Einladungsschreiben – hinterher nur schwer bis gar nicht korrigieren lassen.

Achim Wurster

Achim Wurster

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Sozialrecht
Zertifizierter Fachexperte für betriebliche Altersversorgung (BRBZ e.V.)