Arbeitsrecht

Gesetzgebungsverfahren zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen – Handlungsbedarf für Arbeitgeber

- Achim Wurster

Mit diesem Beitrag wollen wir über die aktuelle Entwicklung im Bereich des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen informieren.

Seit Juli 2016 ist die EU-Richtlinie 2016/943 vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung in Kraft.

Die Richtlinie definiert den Begriff des Geschäftsgeheimnisses neu. Nach deutscher Rechtsprechung insbesondere des BGH stellt jede im Zusammenhang mit einem Betrieb stehende Tatsache, die nicht offenkundig, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist und die nach dem Willen des Betriebsinhabers aufgrund eines berechtigten wirtschaftlichen Interesses geheim gehalten werden soll, ein Geschäftsgeheimnis dar.

Als Geschäftsgeheimnis nach der Know-how-Schutz-Richtlinie gelten nun aber nur noch Informationen

  • die geheim sind,
  • die einen kommerziellen Wert haben, weil sie geheim sind,
  •  und die Gegenstand angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen sind.

Damit gibt es seit 2016 eine gesetzliche Definition des Geschäftsgeheimnisses. Die Richtlinie ist kein unmittelbar geltendes Recht, die Mitgliedsstaaten waren aber verpflichtet, die Richtlinie bis zum 09.06.2018 in geltendes nationales Recht umzusetzen. Wie so oft ist dies dem deutschen Gesetzgeber nicht gelungen. Aktuell besteht daher eine unsichere Rechtslage, die Handlungsbedarf erzeugt. Denn es spricht sehr viel dafür, dass z.B. bisher in Arbeitsverträgen verwendete Standardklauseln zur Verschwiegenheit keine Wirkung mehr erzielen, weil gar nicht bekannt ist, welche Informationen ein Geschäftsgeheimnis darstellen oder aber weil keine angemessenen Schutzmaßnahmen vorliegen und somit bereits keine Geheimhaltungspflicht entstehen kann. Denn die Gerichte müssen das nationale Recht und die nationale Rechtsprechung nun richtlinienkonform auslegen, was zu den eben dargestellten Risiken führt.

Die Bundesregierung hat es immerhin geschafft, mittlerweile einen Gesetzentwurf vorzulegen, wonach die Richtlinie durch das sog. Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) umgesetzt wird. Ob und in welcher Form dieser Entwurf Gesetz wird, ist aktuell schwer absehbar. Allerdings ist damit zu rechnen, dass das Gesetz relativ schnell Anfang 2019 in Kraft tritt.

Kern des Gesetzentwurfs ist § 2, der das Geschäftsgeheimnis definiert:

„Geschäftsgeheimnis ist eine Information, die

  • weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und
  • Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist.“

Damit steht endgültig fest, dass Handlungsbedarf besteht. Arbeitgeber werden zunächst prüfen müssen, inwieweit die von ihnen als Geschäftsgeheimnis betrachteten Informationen dieser Definition entsprechen. Sodann werden sie prüfen müssen, ob den Umständen nach angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen ergriffen wurden.

Sodann werden Arbeitgeber nicht umhinkommen, ihre bisherigen arbeitsvertraglichen Regelungen auf den Prüfstand zu stellen, ob diese unter Berücksichtigung der neuen gesetzlichen Definition überhaupt noch wirksam sind. Hieran wird es vielfach fehlen, weil der Gesetzentwurf eine deutlich engere Definition verwendet als bisher die Rechtsprechung. Auch werden Arbeitgeber prüfen müssen, ob in bestimmten Fällen konkrete Verschwiegenheitsvereinbarungen mit Geheimnisträgern erforderlich sind.

Die bisher übliche Klausel lautet etwa so oder ähnlich: „Der Mitarbeiter verpflichtet sich, über alle Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, während der Dauer des Arbeitsverhältnisses und auch nach seiner Beendigung Stillschweigen zu bewahren. Die Geheimhaltungspflicht erstreckt sich nicht auf solche Kenntnisse, die jedermann zugänglich sind oder deren Weitergabe für die Firma ersichtlich ohne Nachteil ist.“

Die Klausel setzt damit voraus, dass es sich bei der geheim zu haltenden Information bereits um ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis handelt. Die Klausel ist also von vornherein nicht in der Lage, ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis überhaupt erst zu begründen.

Rechtsfolge wäre nach dem Gesetzentwurf, dass die Verletzung durch den Mitarbeiter zu keinen durchsetzbaren Ansprüchen des Unternehmens führen würde, weil die Voraussetzungen des § 2 GeschGehG nicht erfüllt wären. Es besteht also dringend Handlungsbedarf.

Wir empfehlen daher, die bisherigen Regelungen rechtlich prüfen zu lassen und mit entsprechender Unterstützung an die neue rechtliche Situation anzupassen. Selbstverständlich stehen wir Ihnen hierfür jederzeit wie auch für Rückfragen zur Verfügung.    

 

Achim Wurster

Achim Wurster

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Sozialrecht
Zertifizierter Fachexperte für betriebliche Altersversorgung (BRBZ e.V.)