Arbeitsrecht

Kein Kündigungsgrund im Kündigungsschreiben

- Dr. Stefan Rein

Von der regelmäßig gut gemeinten Angabe des Kündigungsgrundes im Kündigungsschreiben ist nach wie vor grundsätzlich abzuraten. So wurde beispielsweise unlängst die Erwähnung der „Pensionsberechtigung“ des betroffenen Arbeitnehmers im Kündigungsschreiben, welche ihm lediglich dessen Kündigung „erklären“ sollte, vom Bundesarbeitsgericht (23.07.2015 – 6 AZR 457/14) als eine Benachteiligung wegen des Alters aufgefasst, was die Kündigung letztlich unwirksam werden ließ. Dieser Diskriminierungsschutz greift unabhängig vom Vorliegen des allgemeinen Kündigungsschutzes, also auch im sog. Kleinbetrieb oder noch vor Erreichen der gesetzlichen Wartezeit von sechs Monaten. Darüber hinaus begründet eine Altersdiskriminierung – wie auch jede andere vom Gesetz ausdrücklich verbotene Benachteiligung – einen Entschädigungsanspruch des hiervon betroffenen Arbeitnehmers.

Kündigungsschutz durch Diskriminierungsverbot

Eine Kündigung, die einen Arbeitnehmer aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe, also „aus Gründen der Rasse“ oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität, diskriminiert, ist unwirksam.

Der hier enthalten gewesene Hinweis auf die „Pensionsberechtigung“ des gekündigten Arbeitnehmers ließ vermuten, dass dessen Alter jedenfalls auch ein Motiv für die Kündigung war und er daher eine weniger günstige Behandlung wegen seines Alters erfahren hat. Es sei nicht zu erkennen gewesen, dass dieser Hinweis „allein der Tatsache geschuldet gewesen sein soll[te], die betrieblich notwendige Kündigung freundlich […] zu formulieren“, sondern habe vielmehr der „naheliegenden Einschätzung“ entsprochen, „dass mit der angeführten ‚Pensionsberechtigung‘ die soziale Absicherung [des gekündigten Arbeitnehmers] in den Vordergrund gestellt werden sollte, um die mit der Kündigung verbundenen Härten [für ihn] zu relativieren“, was schließlich dafür spreche, „dass das Lebensalter bei der Kündigungsentscheidung berücksichtigt wurde“. Der Arbeitgeber hätte dann beweisen müssen, dass entgegen dieser Vermutung letztlich doch kein Verstoß gegen die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen habe, was ihm jedoch nicht gelang: Er hätte das Gericht davon überzeugen müssen, dass es ausschließlich (!) andere Gründe als das Alter waren, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben. Ebenso wenig gelang es ihm, das Vorliegen eines legitimen Ziels für die von ihm vorgenommene Ungleichbehandlung wegen des Alters anzuführen. Als ein solches wird ausschließlich ein im Allgemeininteresse – und eben nicht allein im Eigeninteresse des Arbeitgebers – bestehendes Ziel anerkannt.

Pflicht zur Angabe des Kündigungsgrundes nur in Ausnahmefällen sowie bei außerordentlicher Kündigung nur auf ausdrückliches Verlangen des Arbeitnehmers

Anders verhält es sich im Falle einer außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund. Hier hat der Arbeitgeber dem gekündigten Arbeitnehmer auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Die Befolgung der sonst gebotenen Empfehlung, den Kündigungsgrund nicht „ohne Not“ vorschnell preiszugeben, geschweige denn im Kündigungsschreiben selbst sogar zu dokumentieren, könnte hier – gänzlich unabhängig vom Kündigungsgrund – wiederum eine Schadensersatzpflicht auslösen. Eine Wirksamkeitsvoraussetzung stellt die Angabe des Kündigungsgrundes aber nur in Ausnahmefällen dar, beispielsweise im Falle einer ausnahmsweise für zulässig erklärten Kündigung einer Arbeitnehmerin während ihrer Schwangerschaft.

Dr. Stefan Rein

Dr. Stefan Rein

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht