Das vertragsimmanente Wettbewerbsverbot während des bestehenden Arbeitsverhältnisses einerseits und das gesondert zu vereinbarende Wettbewerbsverbot für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses andererseits führen zu einem Interessenkonflikt beim Arbeitgeber, wenn vom Arbeitnehmer ein die fristlose außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses (an sich) rechtfertigender Wettbewerbsverstoß begangen, aber gerade kein kostspieliges nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart worden ist: Soll er dennoch kündigen oder verliert er hierdurch seinen Unterlassungsanspruch?
Das „vertragliche“ und das „nachvertragliche“ Wettbewerbsverbot
Während des rechtlichen Bestands eines Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer bekanntlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt, auch wenn der Arbeitsvertrag keine ausdrücklichen Regelungen hierzu enthält. Dies ist zwar allein für sog. Handlungsgehilfen ausdrücklich gesetzlich – in § 60 HGB – geregelt. Diese Vorschrift konkretisiert allerdings einen allgemeinen Rechtsgedanken, der seine Grundlage in der Treuepflicht des Arbeitnehmers hat: Der Arbeitgeber soll vor Wettbewerbshandlungen seines Arbeitnehmers geschützt sein. Deshalb schließt der Arbeitsvertrag für die Dauer seines Bestehens über den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des § 60 HGB hinaus ein Wettbewerbsverbot ein (so schon BAG 17.10.1969 – 3 AZR 442/68).
Die Vereinbarung einer Wettbewerbsabrede nach Maßgabe der §§ 74 ff. HGB i.V.m. § 110 GewO stellt dagegen die einzige prozessual durchsetzbare Möglichkeit für den Arbeitgeber dar, eine Konkurrenztätigkeit des ausgeschiedenen Mitarbeiters zu untersagen. Hierfür bedarf es der Schriftform sowie der Aushändigung der erstellten Urkunde an den Arbeitnehmer; in materieller Hinsicht wird hierfür ein berechtigtes geschäftliches Interesse des Arbeitgebers vorausgesetzt, zudem darf es hierdurch zu keiner unbilligen Erschwerung des Fortkommens des Arbeitnehmers kommen. Des Weiteren darf es nicht auf einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses an erstreckt werden. Und schließlich ist es nur verbindlich, wenn sich der Arbeitgeber dabei zugleich verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die mindestens die Hälfte der vom Arbeitnehmer zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht. Letzteres hält regelmäßig von der Vereinbarung einer nachvertraglichen Wettbewerbsabrede ab, insbesondere dann, wenn dessen Einhaltung auch nur schwer überwacht werden kann.
Der Verlust des Wettbewerbsschutzes als Schadensposition
Mit der fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses entfällt mithin die unmittelbare Geltung des „vertraglichen“ Wettbewerbsverbots und mit ihr der Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers. Wird die Kündigung jedoch durch vertragswidriges (Konkurrenz-) Verhalten des Arbeitnehmers veranlasst, ist der Arbeitnehmer zum Ersatz des durch die „Aufhebung“ des Arbeitsverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet. Es soll mithin gerade verhindert werden, dass der wegen eines Vertragsbruchs zur fristlosen Kündigung veranlasste Vertragsteil die Ausübung seines Kündigungsrechts mit Vermögenseinbußen bezahlen muss, die darauf beruhen, dass infolge der Kündigung das Arbeitsverhältnis endet. Der kündigende Arbeitgeber soll also so gestellt werden, als wäre das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß durch eine fristgerechte Kündigung beendet worden. Dabei müssen nicht nur die gegenseitigen Hauptpflichten, sondern auch die sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenden Nebenpflichten bei dem vorzunehmenden Vermögensvergleich berücksichtigt werden: Auch der Wegfall der Pflicht zur Konkurrenzunterlassung ist folglich im Wege des Schadensersatzes auszugleichen.
Es stellt sich dann die Frage, ob der dann grundsätzlich geschuldete Schadensersatz in Form von bloßem Geldersatz oder als Naturalrestitution zu leisten ist. Darf also auch der Schadensersatzanspruch zu einer entschädigungslosen Wettbewerbsunterlassungspflicht führen? Wurde dies zu früheren Zeiten noch kontrovers diskutiert, wird dies heute doch weitestgehend bejaht, vom Bundesarbeitsgericht im Übrigen bereits seit langem.
Der gemutmaßte Interessenkonflikt ist somit gar nicht gegeben. Dem unerlaubt in Konkurrenz getretenen Arbeitnehmer darf – bei Vorliegen auch der weiteren Kündigungsvoraussetzungen – fristlos gekündigt werden, ohne hierbei befürchten zu müssen, weitere Wettbewerbsverstöße sodann einfach hinnehmen zu müssen. Ohne wirksames „nachvertragliches“ Wettbewerbsverbot reicht dieser Schutz aber freilich nur bis zum hypothetischen ordentlichen Kündigungstermin.